Eva Hermann ist eine Scheibe

Jahrhundertelang galt sie als das Zentrum des Universums, von Gott persönlich dorthin gelegt, damit alle Himmelskörper, Sonne, Mond und Männer um sie kreisen: die Frau, die Mutter. Dort lag sie und entsprach ihrer Natur, ihren Talenten, dem göttlichen Auftrag und jenen Gesetzen, die einst das Überleben der menschlichen Spezies gesichert haben. Ihrer Familie war sie ein Segen, der Männerwelt eine starke Schulter zum Dranlehnen, und den Kindern nie versiegende Brust. Wer einmal das Glück hatte, die Sonne über dem Gesicht eines Blondchens auf- und über ihren pinklackierten Zehen wieder untergehen zu sehen, weiß, wovon die Rede ist. Darüberhinaus aber war sie flach, beschränkt, und wer sich zu weit vorwagte, fiel unter Heulen und Zähneklappern runter ins Nichts.

Abfall vom Glauben, falsch verstandene Wissenschaft und Selbstüberschätzung aber zwingen die Frau seit 500 Jahren, rund zu sein. Wenn man auf ihr lange genug nach Westen segele, so das unreflektierte Credo der Emanzipation, müsse man nach Indien kommen. Das Nichts, das die Frau angeblich umgebe, wurde ins Reich der Fabel verwiesen, und Forscherschuhe, Entdeckerstiefel- und Touristensandalen zu Tausenden machten sich auf, die Grenzen der Frau zu testen, auf ihr herumzutrampeln und Saufgelage abzuhalten. Damit nicht genug, muß sie auch noch in Konkurrenz zur Männerwelt und allen anderen um die Sonne kreisen.

Die Frau von heute sei im Stechschritt unterwegs, um die ganzen heterogenen Lebensinhalte unter einen pinkfarbenen Hut zu bringen, schreibt Eva Herman (die mit dem pinkfarbenen Jäckchen).

Sollte es mit viel Glück dabei doch zur Mutterschaft kommen, werde das Kind dabei aufs unverantwortlichste durchgeschüttelt und nicht selten im Galopp geboren, im Vorbeigehen gemanagt und an eine Nährmutter outgesourct.

Daraus müsse unweigerlich folgern, dass sie keinem der genannten Bereiche in seinen Ansprüchen gerecht werden könne. Weder in der Karriere noch in der Küche sei die Frau voll handlungsfähig, Partner und Kind kämen ebenfalls zu kurz. Bleibe die Kirche, wo man aber eigentlich auch, nach Paulus und Herman, fein die Klappe halten solle. Herman (die mit dem pinkfarbenen Lippenstift): Frauen sollten öfter einfach mal den Mund halten. Warum müssen wir immer alles mitbestimmen? Und Paulus (geb. Saulus): Wollen sie aber etwas lernen, so sollen sie daheim ihre Männer fragen.

So sähen wir die Frau der Moderne mit dem wehenden Schleier der Atemlosigkeit auf dem Orbit entlanghetzen, und immer sei sie unzufrieden mit dem Ergebnis. Mal sei der kleine schon drei und habe immer noch keine vorzeigbare Allergie, leide die große an einer schweren Hochintelligenz, aber leider nicht an LRS, so daß der Lehrer es nicht merken könne, ein andermal sei die Herrenwelt entmännlicht und zucke verständnislos mit den breiten Schultern, wenn man sie etwas frage, was man in der Predigt nicht verstanden hat.

Ziehen wir Bilanz nach einem halben Jahrtausend Heliozentrismus und Frauenemanzipation: es werden so viele Ehen geschieden wie noch nie zuvor. In immer weniger Haushalten werde regelmäßig oder gar zeitaufwändig gesund gekocht, schreibt Eva Herman (die mit dem pinkfarbenen Kochlöffel), und schreckt nicht davor zurück, ‚aufwendig’ mit ‚ä’ zu schreiben.

Bei beinahe der Hälfte aller Kinder in Deutschland würden anlässlich der vorschulischen Untersuchungen wegen fehlender Bemutterung deutliche Defizite festgestellt. Dem gegenüber stünden nur leichte Dachschäden infolge Übermutterung. So wüßten acht Prozent aller Drittklässler nicht, daß das, was hinter dem Sportplatz anfängt, Wald heißt, 27 Prozent wüßten das, dürften den Wald aber nicht alleine betreten, 54 Prozent wüßten, daß im Wald die Knusperhexe wohnt, 9 Prozent, daß im Wald keine Knusperhexe wohnt, 22 Prozent könnten auf Befragen keine drei Unterschiede zwischen der Knusperhexe und Eva Herman (die mit dem pinkfarbenen Wackelzahn) nennen, 63 Prozent würden, im Wald ausgesetzt, anrufen, damit sie abgeholt werden, 6 Prozent der aussetzungswilligen Eltern wüßten nicht, wo der Wald ist.

Doch nicht das „Sonnensystem“ müsse überprüft werden. Wir Frauen kämen nicht drum herum: uns selbst einmal kritisch zu betrachten und nach unserem Handeln als Frau in all unserer Verantwortung fragen.

Und da sähen wir: Die Frauen, die vor einem halben Jahrtausend entschlossen und hoffnungsvoll dem Ruf der Emanzen und Feministinnen auf dem Weg nach weiblichem Erfolg gefolgt seien, seien im beruflichen Kampf gegen die Männer am Ende ihrer Kräfte und Ressourcen angelangt. Sie seien ausgelaugt, müde und hätten nur den einen Wunsch: sich wieder hinzulegen.

Dorthin, wohin eine kluge Vorsehung sie schon einmal gelegt hatte: flach. Im entzückenden pinkfarbenen Babydoll, schön mollig und gebärfähig, Ruhepol und seltsamer Attraktor, Auge des Sturms und wiedergefundene Mitte, fruchtbarer Schoß des immerfort Rauskriechenden, Quelle des Nil, Muttergotteslebensspenderin, Große Amme, Gefäß der Gnade, Ewiges Werden, Allegorie des Seins, Schutz und Schürze, Urmutter Eva ….

Mama!

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