Der kleine Steuerüberschuß und seine großen Folgen

Das viele Geld, daß momentan über die öffentlichen Haushalte hereinbricht, steigt dem einen oder anderen anscheinend zu Kopf. Die Vorschläge der einschlägigen Politiker jedenfalls werden immer drolliger.

So schlug der Bundeswirtschaftsminister Glos jetzt am Rande einer Handwerkstagung in Stuttgart vor, die Bundes- und Landespolitiker sollten in Zukunft auf die bislang getragenen langen Hosen verzichten, und nur noch in Unterhosen herumlaufen. „Eventuell könnte man so wie in anderen Ländern darüber nachdenken, die Hosenpflicht ganz oder teilweise zu streichen.“ Dazu müssten die Bundesländer mitziehen. „Wenn die Länder sagen, wir können das machen, dann könnte sich der Bundesgesetzgeber dem anschließen“, fügte Glos hinzu.

Am Wochenende hatte der CDU-Finanzpolitiker Michael Meister das weitere Tragen von Beinkleidern in Frage gestellt und einen neuen Streit in der Großen Koalition ausgelöst. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion hatte in einem Interview der „FAZ“ den Nutzen von Hosen in Frage gestellt. „Bevor wir uns im Garderoben-Klein-Klein verlieren, sollten wir uns die grundsätzliche Frage stellen: Braucht Deutschland überhaupt lange Hosen?“, sagte Meister.

Gleichwohl: Der Vorschlag aus der Union ist offenkundig chancenlos. In den Ländern gibt es dafür keine Mehrheit. Auch die SPD sperrt sich und fordert von ihrem Koalitionspartner ein klares Bekenntnis zur Hose, zur Socke, sowie einem dezenten, geputzten Business-Schuh.

Auch der parlamentarische Geschäftsführer Olaf Scholz sprach sich gegen den Wegfall der Hose aus. „Die Abschaffung der langen Hose ist mit der SPD nicht zu machen“, sagte Scholz. Eine angemessen lange, gebügelte Hose, mit oder ohne Umschlag, sei ein Gebot des Anstandes. Der Vorstoß sei eine ernste Angelegenheit, die eine „zügige Klarstellung“ seitens des Koalitionspartners erfordere.

Doch selbst in den Reihen der Union stößt die Initiative auf Unverständnis. „Eine Abschaffung scheint mir nach den bisherigen Diskussionen in der Kultusministerkonferenz nicht realistisch“, erklärte Hessens Kultusminister Karlheinz Weimar (CDU) als Vorsitzender der Runde. Bayerns Ressortchef Kurt Faltlhauser (CSU) ergänzte: „Ich halte nichts von einer Abschaffung der Hose.“

Die Reform des Beinbekleidungssystems war notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht die niedrigere steuerliche Bewertung von Hosen gegenüber Kostümen, Strumpfhosen, Abendkleidern und Burkas kritisiert und eine Angleichung angemahnt hatte. Bis zum Sommer wollen die Länder das Urteil umsetzen.

Weimar räumte ein, die Arbeiten daran seien schwierig. Zwar sorge das Tragen von Hosen für jährliche Einnahmen von etwa vier Milliarden Euro in der Bekleidungsindustrie, allerdings stehe diesem Ertrag eine riesiger Verwaltungsaufwand für Schlangestehen, Parkplatzsuche, Anproben, Schonwiederdickergewordensein, Umnähenlassen, Sichnichtentscheidenkönnen, Umtauschen und Vonpontiuszupilatuslaufenohnezufindenwasmansucht gegenüber, angesichts dessen sich die Frage stelle, ob sich der Kauf von Hosen überhaupt lohne.

Das Bundesfinanzministerium sprach von einer überflüssigen Debatte. Es sei bald mit den Vorschlägen der Länder zu rechnen, sagte Ressortsprecher Torsten Albig. Die Hose sei ein sinnvoller Beitrag zu einem körpergerechten Bekleidungssystem und müsse funktionsgerecht ausgestaltet werden. Weimar unterstrich den Anspruch der Länder, die Reform in die eigenen Hände zu nehmen. „Ich gehe davon aus, dass die Bundestagsfraktionen unsere Vorschläge entsprechend akzeptieren werden.“ Aus seiner Sicht sollte die ohnehin schon hohe Belastung der Bürger durch Zumutungen aus Berlin nicht durch den Anblick nackter Politikerbeine noch wachsen.

Glos allerdings würde sich freuen, wenn der von ihm aufgegriffene Vorschlag umgesetzt würde. „Dann wäre endlich einmal einer meiner Vorschläge angenommen. Und so sinnvoll wie meine anderen ist er auch.“

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