Die neue Freundin

Wir haben nachverhandelt, einerseits weil ich mit der Bezahlung nicht einverstanden war, andererseits weil mir das Thema zu schmalspurig erscheint, ich meine, was soll man einmal die Woche über Sexualität reden? Neues reden?

Also, wir haben uns darauf geeinigt, daß ich den kompletten Kompetenzcluster Sinnlichkeit übernehme, zu dem neben Sexualität auch Essen und Trinken, jagen, schwimmen, mit Paddy raufen, in der Sonne liegen, den Rücken schubbern und morgens etwas länger liegen bleiben gehören. Und dies und das, je nachdem.

Dafür bekomme ich die übriggebliebenen Nudeln, den Rest vom Nasi goreng, die Kartoffeln von vorgestern und, wenn noch Rindfleischsoße da ist, die auch.

Was? Tauschen? Ich glaub’s Ihnen wohl! Ich weiß, daß da noch Rindfleischsoße im Kühlschrank ist, ich habe sie ja selbst reingestellt. Bzw. ich würde sie da nicht reingestellt, sondern an Ort und Stelle gegessen haben, aber ich konnte mich nicht durchsetzen. Immerhin war ich dabei, als die Soße schließlich reingestellt wurde. Seitdem beobachte ich den Kühlschrank und kann versichern, daß bis jetzt ist noch nichts entkommen ist.

Meine Frau paßt auch mit auf. Das ist alles in allem nicht schlecht, denn es gibt Situationen, in denen man allein nicht mehr in der Lage ist, die Gesamtsituation unter Kontrolle zu halten. Wenn sie nämlich den Käse rausholen, und die Salami, und den Käse hier hinstellen und die Salami da hin, dann müssen Sie schon nach zwei Seiten sichern, da ist es nicht schlecht, wenn man sich das Terrain aufteilen kann.

Und erfahrungsgemäß bleibt es nicht dabei, es kommt noch Schinken, an guten Tagen Rührei, Kaiserjagdwurst, Pancakes mit Creamcheese, frische Bagels, im Ganzen geröstete kleine Kartoffeln, Toast, Cornflakes, gebratener Speck, Räucherfisch, Sausages, Waffeln, gebratene Nierchen, Fasanenpastete, Omelette, warmer Käsekuchen, kaltes Hühnchen, Roastbeef und falscher Hase dazu. Und noch ein paar Sachen, Avocadocreme mit Shrimps vielleicht, Datteln mit Speck, Käswähe und argentinische Rinderlende, oder Wraps, oder Knoblauchbaguette, oder Blini und Piroggen, und Ente in Gelee, und angemachter Camembert, und Pumpernickeltaler mit Gänseschmalz, und Krautwickel und frischgebackenes Walnußbrot und Maisbrötchen und Bruschette und Carpaccio vom Lachs und Eggs Benedict, Mann o Mann, und Speckkuchen, Quarksoufflé, Scones, Mascarpone, Kalbsfrikadellen, Wachteleier, Gebackener Feta und und und und und.

Wenn Sie bedenken, daß man spätestens seit der Kaiserjagdwurst mit stark erhöhtem, fadenziehendem Speichelfluß zu tun hat, und daß auch ein Pudel, der gemeinhin und zwar zurecht als intelligent gilt – jedenfalls sind wir nicht so blöd, auf der Hand liegende Tatsachen zugunsten abstrakter Konzepte wie Demut, Bescheidenheit, oder sonstiger Eitelkeiten zu leugnen -, daß auch ein Pudel nicht mehr als sieben Objekte gleichzeitig mit seiner Begierde zu bedenken vermag, dann können Sie sich vielleicht den Streß vorstellen, dem man in einer solchen Situation ausgesetzt ist. Da ist eine Partnerin nicht schlecht, auch wenn sie, als Schnauzer, sich vielleicht nur sechs Sachen parallel merken kann. Dann ist man immerhin schon mal bei dreizehn, muß aber natürlich, im Falle eines Falles, auch teilen.

Andererseits ist man als liebender Gatte dazu natürlich auch gerne bereit und schiebt seiner Frau, der man ja von Herzen zugetan ist, immer die besten Brocken hin. Ich z.B. sorge immer dafür, daß meine Frau den Kaviar kriegt, wenn welcher da ist, und halte mich selber an die Ententerrine. Ich mach mir ja nichts draus, aber meine Frau s-tammt aus Hamburg und ist so foin, das sie das Zeugs tatsächlich ißt. Geh mir weg! Neenee, Ente ist nicht halb so vornehm, daß sieht man schon daran, daß es viel mehr Ente gibt als Kaviar. Also: Ente für mich. Ähnlich Krautwickel, gibt’s immer nur ein paar von, kann alle meine Frau kriegen. In der Zeit schaffe ich den falschen Hasen und das kalte Huhn. Nicht, daß ich die Krautwickel nicht nähme, wenn nichts anderes da ist, ich bin ja kein Snob.

Aber am liebsten esse ich sowieso Leberwurst. Ja, ok, dann bin ich eben ein Prolet. Obwohl ich in mir ja lieber den Landedelmann sehe, der im Tweedanzug und mit kariertem Plaid auf Bleßhuhnjagd geht. Bildlich gesprochen natürlich. Das pudeladäquate Äquivalent eines Tweedanzugs ist nämlich die englische Schur. Hat meine Frau zwar nur gehässige Kommentare für über, aber mir gefällt’s. Und ich esse gerne Leberwurst. Und – und das ist das putzige – so sehr meine Frau als Hanseatin in der Diaspora auch unter den groben Provinzmanieren unserer Umgebung zu leiden vorgibt, wenn ihr eine Leberwurst über den Weg läuft, ist alle Vornehmheit wie weggeblasen, und sie kennt nur noch eins: drauf. Wir zanken uns dann richtig.

Ich hab schon mal angeregt, daß wir Trüffelleberwurst bekommen, dann könnten wir gerecht teilen, meine Frau die Trüffel, ich die Leberwurst. Ich mache mir aus Trüffeln nämlich nicht die Bohne, aber Germanistenfuzzi meinte nur, bei mir piepe es wohl.

Ich glaube aber eher, daß es bei Germanistenfuzzi piept. Neulich brachte er eine Tube mit Sprühsahne mit und ließ mich davon probieren. Ich habe sie gegessen, aber solange noch Leberwurst da ist, brauche ich keine Sahne. Ich meine, wenn absolut keine Leberwurst, und keine Ente, kein Kaviar und keine Krautwickel mehr da wären, dann würde ich auch Sprühsahne essen, klar. Aber was Germanistenfuzzi damit vorhatte, das war, er wollte seine neue Freundin #### ####, dann mit der Sprühsahne von #### bis #### #### und sie anschließend mit der #### ####. Wenn dann noch Sahne übrig wäre, dann wollte er noch sich selbst #### und von seiner Freundin #### lassen, insbesondere am ####.

Ich habe mit meiner Frau darüber gesprochen, ob sie sich vorstellen könne, mit Sahne #### zu werden, und ob ihr das einen Kick geben würde, und sie sagte, sie hätte nichts dagegen, wolle sich aber weder von mir, noch von Germanistenfuzzi ablecken lassen, das würde sie schön selber machen. Meine Frau ist sehr fürs Pampige; alles, was gut im Bart kleben bleibt, Quark, Joghurt, Mascarpone, aber auch Kartoffelbrei, ist ihr recht. Sogar Honig.

Ich weiß ja nicht. Wenn ich schon Sahne essen müßte, weil nichts anderes da wäre, warum sollte ich die Sahne dann erst auf Germanistenfuzzis Freundin ####? Und wenn was anderes da wäre, Leberwurst etwa, dann würde ich die lieber direkt essen, als mit anzusehen, wie Germanistenfuzzi sie auf seiner Freundin ####; ich hätte ja die ganze Zeit Bammel, daß Germanistenfuzzi mir zuvorkommt, oder seine Freundin mich wegbeißt, weil sie sich selbst #### will.

Was anderes wäre es, wenn man Germanistenfuzzis Freundin von #### bis #### mit Kartoffelpuffern belegen würde. Kartoffelpuffer sind das Zweitbeste, was es überhaupt gibt, aber ich kriege immer bloß einen, und meine Frau kriegt einen, und alle anderen kriegt Germanistenfuzzi, und die Freundin kriegt vielleicht auch ein paar.

Die sind nicht leicht zu stibitzen, denn wenn man sie aus der Pfanne holt, verbrennt man sich die Schnauze am heißen Fett, und wenn sie kalt sind, sind praktisch keine mehr da, weil Germanistenfuzzi sie alle aufgegessen hat. Wenn er sie aber auf seiner nackten Freundin #### würde, dann müßten sie ja auch kalt sein, hatte ich mir gedacht, denn sonst würde sie sich ja verbrennen. Und wenn sie dann so daläge, würde ich, glaube ich, ein paar mehr abkriegen, denn Germanistenfuzzi ißt langsamer als ich. Aber das wird wohl nichts werden, denn als ich das vorgeschlagen habe, hat Germanistenfuzzi zwar nicht sofort gesagt, bei mir piepe es wohl, sondern hat überlegt und dann gesagt, daß sei eine gute Idee, aber da habe seine Freundin wohl ein Wörtchen mitzureden. Ich könne es ihr ja vorschlagen, aber ich sollte aufpassen, daß ich mir dabei die Schnauze nicht verbrenne, denn die neue Freundin koche ganz leicht über, das habe er schon bemerkt.

Die Freundin hat zuerst geschmeichelt getan und gesagt, es tue ihr leid, aber sie könne meinen Wunsch nicht erfüllen, denn für solche intimen #### bedürfe es einer lustvollen Komplizenschaft, für die für sie – da sei sie etwas altmodisch – eine emotionale Vertrautheit die Grundlage sei, die ihr im Verhältnis zu mir einfach fehle. In ihrem Gefühlsleben gebe es aber nun schon jemanden – da sei für mich im Moment leider überhaupt kein Platz. Ich solle es aber nicht persönlich nehmen, ich sei ein sehr attraktiver Rüde, und das nicht nur als Pudel, auch als Mann. Verglichen mit Günther Oettinger z.B. sei ich geradezu hübsch. Und wir sollten gute Freunde bleiben.

Also, so etepetete braucht sie mit mir nicht zu tun, denn wenn ich jemanden brauche, der etepetete tut, hab ich meine Frau. Aber ich habe natürlich nichts dagegen, gut Freund mir ihr zu bleiben, man kann nie genug Freunde haben, die im Bedarfsfall den Kühlschrank aufkriegen.

Bei der Erwähnung meiner Frau hat die Freundin erstmal die eine ihrer Augenbrauen künstlich hochgezogen und gefragt, was denn eigentlich meine Frau dazu sage, daß ich mit einem solchen Ansinnen zu ihr käme. Meiner Frau, fand ich, sollten wir am besten gar nichts davon sagen, sonst würde die nur was abhaben wollen, und wenn ich meiner Frau was abgäbe, müßte ich theoretisch Cora und Caro und ####, und Kylie, Kennie und Kaja und, wie heißt sie gleich, Katy, auch was abgeben, wenn ich keinen Ärger haben wollte.

Spätestens an der Stelle hat die Freundin die andere Augenbraue auch noch hochgezogen und getan, als wenn sie auch aus Hamburg käme, aber so richtig in Fahrt kam sie erst, als ich mir besorgte Gedanken darüber machte, wieviele Kartoffelpuffer denn eigentlich auf sie draufpassen würden, so viele waren das doch gar nicht, denn sie war eher der zierliche Typ, oder?

Ja, wenn sie eine von diesen großen, starkknochigen blonden Freundinnen gewesen wäre, von denen Germanistenfuzzi mir einmal vorgeschwärmt hat, als er die Freundin noch nicht kannte, mit einem BMI von mindestens 25 und einem Hinterleib, mit dem sie an keiner Weide vorübergehen könnte, ohne daß die Ponys neidisch würden, ein Hinterleib, der, wie Germanistenfuzzi damals gesagt hatte, Robert Crumb zu epischen Gesängen anregen würde, ein Hinterleib, der, wo er gesessen habe, bleibenden Eindruck hinterlasse. Auf eine solche Freundin würden sicher ein paar mehr Kartoffelpuffer passen.

An der Stelle dann hat mich die Freundin unterbrochen und dünn lächelnd gesagt, ich möge ihre Sprödigkeit verzeihen, sie sei nicht gegen mich gerichtet, und wenn sie solo wäre, was möglicherweise schneller der Fall sein könnte, als manche Leute glaubten, daß es der Fall sein würde, dann wolle sie gerne noch einmal auf meinen Vorschlag zurückkommen. Und dann kam auch schon Germanistenfuzzi mit der Sprühsahne, und die beiden zogen sich zurück.

Ich hörte noch, wie die Freundin fragte, was es mit diesem blonden Hinterleib auf sich habe, und er brauche nicht so naiv zu tun, das ziehe bei ihr überhaupt nicht, und dann flog etwas von innen gegen die Tür, und dem Geruch nach war es die Sprühsahne.

Naja. Ich bin erstmal losgezogen um Paddy zu suchen, mal sehen, ob ich ihn etwas anstänkern könnte. Wenn Flachschnauzer sich zur Aussprache zurückziehen, ist für unsereinen sowieso nichts drin; und lieber als der Kartoffelpuffer auf dem Dach ist mir die Nudel im Napf allemal. Besonders wenn noch Rindfleischsoße da ist.

Eigentlich ganz nett, Germanistenfuzzis neue Freundin. Aber ich glaube ihr nicht, daß es in ihrem Leben schon einen Pudel gibt. So viele von uns gibt es nicht mehr.

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