Tatsächlich hatte Bundesverteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg zwar vor, Schäuble ein Weichei zu nennen, aber es kam nicht dazu. Stattdessen mußte erneut im BMVg eine untergeordnete Charge ihr Leben geben, weil Durchlaucht sich geärgert hatten.
Das kam so:
Durchlaucht saßen mit ihrem Pressesprecher zusammen vor dessen Dienst-PC und surften auf www.weicheisynonyme.de herum, weil sie sich Inspiration für einen Schmähartikel über Wolfgang Schäuble erhofften, dem Durchlaucht in besagtem Artikel nachsagen lassen wollten, ein Fahrradklammerträger zu sein, weil er seinen Pressesprecher auf dessen Wunsch hin von seinen Pflichten entband, anstatt ihn erschießen zu lassen.
Pressesprecher im BMVg bitten nicht um ihre Entlassung. Sie werden entweder hinausgeworfen, oder sie verlassen das Ministerium mit den Füßen voran. Aber sie bitten nicht um ihre Entlassung.
Deswegen hatten Durchlaucht den Schmähartikel in Auftrag gegeben. Und deswegen saß Durchlauchts Flügeladjutant vor dem PC und suchte nach einem besseren Wort für ‚Veilchenbonbonlutscher‘, das Durchlaucht nicht zugesagt hatte, und Durchlaucht saßen daneben, weil Durchlaucht nicht nur eine Lichtgestalt sind, sondern auch einen sonnigen Humor haben, und sich gern an Duschbeutelträgerwitzen ergetzen.
Sie waren bis zu Synonym vier – ‚Beckenrandschwimmer‘ – gelangt, als des Flügeladjutanten Augen auf das Wort ‚Sitzpinkler‘ fielen. „Sitzpinkler,“ hub er an, und wollte fortfahren: „können wir den Fahrstuhlbenutzer – geht nicht, ich meinte: den Laufschuhputzer – geht auch nicht – den Schäuble nicht nennen, das wäre geschmacklos,“ aber Durchlaucht hörten nur das Wort ‚Sitzpinkler‘, als Durchlaucht auch schon lachen mußten. Durchlaucht mußten sogar sehr lachen. Durchlaucht mußten so sehr lachen, daß Durchlaucht das Veilchenbonbon in die Tröte bekamen, und nunmehr furchtbar husten mußten, wobei Durchlauchts allerdurchlauchtigste Speicheltröpfchen in der Gegend herumflogen.
Darüber mußte der Flügeladjutant lachen, zwar nicht lange, denn er wußte, was ihn dafür erwartete, aber er konnte nicht anders, er mußte ganz einfach. Da war nichts zu machen. Mach einer was.
Nun würde er dafür erschossen werden.
Vorerst aber konnten Durchlaucht noch keine Order geben, denn Durchlaucht krümmten sich, Durchlaucht röchelten, und Durchlauchts Monokel baumelte in des Flügeladjutanten Papierkorb. „Sitz — pink — lärr“ husteten Durchlaucht, in deren Brust sich Husten und Lachen nun auf einen langwierigen Stellungskrieg einrichteten.
Der Flügeladjutant sah seine Chance, erhob sich lautlos, schlich zur Tür, huschte hinaus, warf sie zu, schloß um und gab Fersengeld.
Die neue Ordonnanz (die alte hatten Durchlaucht zum Frühstück erschießen lassen, weil das Ei zu weich war) befreite seine Durchlaucht, die sie zum Dank dafür und stellvertretend für den fahnenflüchtigen Flügeladjutanten erschießen ließen.
Frau Kanzlerin Merkel stellte sich hinter zu Guttenberg. Zwar kolportiert das politische Berlin hinter vorgehaltener Hand, sie tue das nur deswegen, weil es hinter zu Guttenberg sicherer sei als innerhalb seines Gesichtsfeldes, aber Merkel ließ in ihren Ausführungen keinen Zweifel daran, daß sie zu Guttenbergs Handeln unterstützt: „Wenn seine Durchlaucht beschlossen haben, den abgängigen Flügeladjutanten erschießen zu lassen, so wird man ihn finden und ausliefern müssen. Wir haben sonst nur Unannehmlichkeiten.“
Auch die Opposition findet keinen rechten Anhaltspunkt, um Guttenberg von seinem Tun, das sie für gesetzeswidrig hält, abzubringen: „Was bei Köhler falsch war, das wird bei Guttenberg nicht richtig“, sagt [SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas] Oppermann – bevor er säuerlich nachschiebt: „Aber vielleicht irre ich mich da.“