Die Weltraumfahrt hat, wie wir alle wissen, genug auf dem Kerbholz, was man ihr übelnehmen kann, unter anderem – wenige Beispiele sollen genügen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit – unter anderem Astronautennahrung, Major Tom, Astronautenantipasti, Satelliten, Astronautenzuppe, Sputnicks, Astronautenpasta, Kommunikationssatelliten, Astronautenpesce, Wegwerftelephone, Astronautencarne, GPS, Astronautenpizze, Karin, Astronautendolci, „Wenn möglich bitte wenden“, „Demnächst nach links“, „Sie haben Ihr Ziel erreicht“, Twitter, Tweets und Leute, die in der Eisenbahn übers Internet Plätze beim Italiener bestellen, um zu beweisen, daß es geht.
Alles harmlose Dinge, lästig, aber nicht wirklich gefährlich, nicht jedenfalls, verglichen mit jener höllischen Erfindung namens Teflon.
Ist das Teflon für sich genommen schon böse genug, zivilisationsfeindlich, zynisch und nicht selten menschenverachtend – man denke nur an Wortneuschöpfungen wie „Teflonkanzlerin“, etwas, das am Jüngsten Tag schwer auf die Schuldschale der Menschheit drücken wird, und das es nicht gäbe, gäbe es das gemeine Teflon nicht -, so ist damit noch nicht gesagt, daß es nicht noch schlimmer kommen könnte. Womit gesagt sein soll, daß es durchaus noch schlimmer kommen kann, kommen wird und – ja, längst gekommen ist.
Ladies and Gentleman: Evil & Suffering, Your First Choice in Things You Really Could Do Without proudly presents: Teflon Schnürsenkel.
Manchen Leuten gefallen sie, aber denen gefällt auch Twitter.
Wir dokumentieren im folgenden das Gespräch zwischen zwei Leuten, denen beides nicht gefällt. Es handelt sich zum einen um den Reisenden Radagast, der den Schnürsenkeln vorwirft, daß man sie sich vor dem Verlassen des IC nochmal richtig fest zubinden kann, dann durch den Bahnhof und die paar Schritte zum Fahrrad läuft, aufsitzt und lostrampelt, nur um zu erleben, wie die eben noch stramm gezurrten Senkel sich lässig um das Pedal wickeln, zum anderen um den UN-Hochkommissar für Billig- und Gerechtigkeit, Germanistenfuzzi. Das Gespräch fand statt am Donnerstagsstammtisch des Käsdorfer Donnerstagsstammtisches und wurde von Schwarzem Herzog begleitet.
Radagast
… hatte ich Exzellenz bitten wollen, einzuschreiten, und den Erfinder selbiger nach Exzellenz‘ Gutdünken zu bestrafen.
Germanistenfuzzi
Louis, ich wünsche noch einen Schwarzen Herzog. Louis, wenn du es ausnahmsweise schaffen solltest, mir den Schwarzen Herzog heute noch zu bringen, und jedenfalls bevor du die Gaststube in geschäftlichen Dingen verläßest und draußen vergißest, daß du Gäste hassest, so soll mein halbes Königreich dein sein. (Zu Radagast) Entschuldige, Louis ist heute noch langsamer als sonst. Du wünschest? – Eine Bestrafung? Bene. – Wessen?
Radagast
Den Erfinder des Teflon- …
Germanistenfuzzi
Ha! – Teflon! Nieder! – Ganz deiner Meinung. Wer, sagtest du, ist der Erfinder des Teflon?
Radagast
Nicht des Teflon, der Teflon- …
Germanistenfuzzi
Des Teflon. Es heißt das Teflon. Es heißt ja auch der Paprika, und nicht die Paprika.
Radagast
Aber die Paprika- …
Germanistenfuzzi
Der Paprika.
Radagast
Aber die Gerstenkaltschale. Der Schwarze Herzog, aber die Gerstenkaltschale. Der Paprika, aber die Paprikakaltschale.
Germanistenfuzzi
Paprikakaltschale?
Radagast
Oder Paprikaspaghetti. Das Teflon, aber die Teflonspaghetti.
Germanistenfuzzi
Teflonspaghetti gibt es nicht.
Radagast
Aber Teflonschnürsenkel. Die Teflonschnürsenkel.
Germanistenfuzzi
Was ist damit?
Radagast
Ja, wie ich schon sagte …
Germanistenfuzzi
Apropos Teflon! – Weiß du, was es mich kann, das Teflon?
Radagast
… wollte ich anregen, den Erfinder …
Germanistenfuzzi
Wenn du es nicht weißt, einer weiß es ganz genau, und das ist Tausendschönchen.
Radagast
… dieser Schnürsenkel aufs Rad zu flechten …
Germanistenfuzzi
Und was macht sie? – Kauft Teflonpfannen.
Radagast
… oder mindestens kielzuholen.
Germanistenfuzzi
Und, darf ich etwa mit Stahlgerät in den Pfannen rumkratzen? – Ich darf nicht mit Stahlgerät in den Pfannen rumkratzen.
Germanistenfuzzi
Ich frage dich: wozu habe ich eine Pfanne, wenn ich nicht mit Stahlgerät in ihr rumkratzen darf? Hast du schon einmal versucht, irgendeinen Klumpatsch in einer Teflonpfanne mit einem Plastikschneebesen glattzurühren?
Germanistenfuzzi
Es ist, als wollte man mit einem Kaffeelöffel eine lockere Schraube festziehen. Das kann gehen, wenn der Schraubenschlitz breit genug ist und sonst nichts schief geht. Und man kein anderes Werkzeug hat.
Germanistenfuzzi
Aber man hat ja anderes Werkzeug! – Nur soll man es nicht nehmen. Weil Mamsell Schönchen es nicht wünschen. Es ist ihr nicht zärtlich genug. Zur Pfanne.
Germanistenfuzzi
Früher, wenn unsere Pfanne verhunzt und verbeult war, sind wir runtergegangen zum Fluß, haben uns einen großen flachen Stein gesucht und die Pfanne mit unserem Faustkeil wieder glattgehämmert. Anschließend mit Sand blankgescheuert, noch ein paar Nuggets gewaschen, zurück ins Pilgrimhaus, und einen Schwarzen Herzog bestellt. – Louis? Schwarzer Herzog? Heute noch? – Mein Beutel ist wohlgefüllt. — Wer, sagst du, hat sie erfunden?
Germanistenfuzzi
Die Teflon- …
Germanistenfuzzi
… Kacke?
Radagast
Fälschlicherweise wird immer die Weltraumfahrt beschuldigt.
Germanistenfuzzi
Das wäre? – Wernher von Braun? Jules Verne? Gerdt von Bassewitz? Laika? Juri Gagarin? – Sind die nicht alle schon tot?
Radagast
John Glenn lebt noch.
Germanistenfuzzi
Und du meinst, ich kann dem alten Herrn die Erfindung von Teflon anlasten?
Radagast
Nein. – Ich sagte ja schon, die Raumfahrt war’s gar nicht.
Germanistenfuzzi
Wer dann?
Radagast
Ein Herr Plunkett.
Germanistenfuzzi
Was? Plunkett? – Wie entzückend! Einfach nur Plunkett oder Irgendwas-Plunkett, wie bei P.G.Wodehouse: Drax-Plunkett? Ernle-Plunkett? Oder Vavasour-Dalrymple?
Radagast
Einfach nur Plunkett. Und es war Zufall. Herr Plunkett wollte eigentlich einen Kühlschrank erfinden.
Germanistenfuzzi
Aus Teflon, ja? Das laß Tausendschönchen hören, die ist imstande und will auch einen.
Radagast
Dem Erfinder der teflonbeschichteten Schnürsenkel aber wird man Absicht unterstellen dürfen. – Böse Absicht.
Germanistenfuzzi
Du meinst …
Radagast
Und ob ich meine!
Germanistenfuzzi
Du könntest …
Radagast
Und ob ich könnte!
Germanistenfuzzi
Wahrscheinlich hast du …
Radagast
Und ob ich habe!
Germanistenfuzzi
Paß auf: das ist’s, was wir machen. Du kennst die Geschichte von John Glenn?
Radagast
Ein Reisender wie unsereiner – klar kenn ich den. Umkreiste die Erde drei Mal. – Phh! Amateur.
Germanistenfuzzi
Was? – Nein. – John Glenn, der Mann, der nicht gehängt werden konnte.
Radagast
Der heißt John Lee.
Germanistenfuzzi
Eben. John „Babbacombe“ Lee.
Radagast
Du sagtest Glenn.
Germanistenfuzzi
Ich sagte Lee. Und ich meinte Lee. Der sollte gehängt werden und wurde nach dreimaligem Fehlhängen als dauerhaft unhängbar entlassen.
Radagast
Bei dem ging die Falltür nicht auf. Das wurde als Gottesurteil angesehen, denn man hatte ihn ohnehin nur aufgrund windiger Indizien verurteilt. – Was hat das womit zu tun?
Germanistenfuzzi
Das machen wir nicht. Wir verlassen uns nicht auf Indizien, und wir verlassen uns nicht auf schlampige Zimmermannsarbeiten. Er kriegt ein tadellos funktionierendes Schafott, mit geölten Scharnieren und allem Schnick. Und einen teflonbeschichteten Strick.
Radagast
Ah! – du meinst …
Germanistenfuzzi
Und ob ich meine!
Radagast
… die Klappe öffnet sich …
Germanistenfuzzi
… er fällt …
Radagast
… der Knoten löst sich …
Germanistenfuzzi
… er fällt tiefer …
Radagast
… wir fangen ihn auf …
Germanistenfuzzi
… und schaffen ihn wieder nach oben.
Radagast
Und nach dem dritten Mal ist Schluß?
Germanistenfuzzi
Wie kommst du darauf? – Haben deine Schnürsenkel nach dem dritten Mal ein Einsehen?
Radagast
Ach was! Die sind gnadenlos.
Germanistenfuzzi
Dann sind wir auch gnadenlos. – Und wenn er uns anbettelt, wir möchten doch einen vernünftigen Strick nehmen und ihn erlösen – nichts da! Nimmt er vielleicht einen vernünftigen Strick für unsere Schnürsenkel?
Radagast
Er nimmt ihn nicht!
Germanistenfuzzi
Ei so werden wir ihn bis an sein Lebensende hängen! – Apropos Lebensende: was ist eigentlich mit Louis?
Germanistenfuzzi
Und wer ist heute mit Zapfen dran?
Germanistenfuzzi
Hier, bei der Arbeit.
Radagast
Ich meinte: Exzellenz selber sind mit Zapfen an der Reihe, „wofern der Gastwart als Zapfhahnkraft ausfällt“. Nach den Stammtischstatuten, die Exzellenz selber ratifiziert haben.
Germanistenfuzzi
Ei, so wollen wir. – Wünschest auch du einen Schwarzen Herzog?
Danke. Danke! Darauf kann in diesen üblen Zeiten gar nicht oft genug hingewiesen werden.