Innenminister will irakische Christen in der EU überwachen lassen

EU-Staaten reagieren skeptisch

Luxemburg – Die Europäische Union hat skeptisch auf einen Vorstoß von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble reagiert, verfolgte Christen aus dem Irak in Ländern der EU überwachen zu lassen. Schäuble hatte für eine europäische Initiative geworben, die vorsieht, die Wohnungen von irakischen Christen nicht nur mit Wanzen, sondern auch mit Videokameras zu überwachen.

Die EU-Innenminister hätten bei einem Treffen in Luxemburg vorerst keine konkreten Zusagen gegeben, sondern sich betreten angeschaut, berichtete der CDU-Politiker. Hier und da sei ein gemurmeltes „Er nun wieder“ zu hören gewesen. Allerdings sei zumindest eine „generelle Bereitschaft“ zur Überwachung signalisiert worden, sagte Schäuble nach dem Treffen. Anfang Juni soll seine Initiative erneut debattiert werden.

Neben der Wohnraumüberwachung schwebt Schäuble vor, die Computer der irakischen Christen mit spezieller Software zu präparieren, so daß die zuständigen Überwachungsbehörden deren Festplatten online durchsuchen und mitverfolgen können, ob und mit wem die Christen beispielsweise per Internet telefonieren, oder ob sie vielleicht verschlüsselte Emails verschicken, und was gegebenenfalls da drin steht.

Weiterhin sollen die Christen auch beim Einkauf in Lebensmittelläden nicht alleingelassen werden, sondern auch dort, etwa bei Lidl, Penny, Netto, Norma, Plus, Rewe, Edeka, Famila und so weiter, die gewohnte Überwachung nicht vermissen müssen. So kriege man beispielsweise auch mit, ob die Christen an den Kassen bar bezahlten, oder mit EC-Karte, und wenn mit EC-Karte, mit was für PIN-Nummern. Das sei doch interessant.

Schäuble ist sich nicht ganz sicher, hält es aber für möglich, daß sich der eine oder andere der Innenministerkollegen an dieser Stelle mit dem Finger an die Stirn getippt habe. Er meine, so etwas aus den Augenwinkeln gesehen zu haben, aber als er sich umgedreht habe, habe der Kollege so getan, als ob er sich nur an der Schläfe kratze, was zeige, wie wichtig die Einführung von Überwachungskameras auf Innenministerkonferenzen sei.

Daheim in Deutschland, wo Schäuble herkommt, ist man mit seinen Vorschlägen nicht so ganz glücklich. Die Bundestagsfraktion der Grünen kritisierte, die Bedrohungslage der Menschen im Irak lasse sich nicht allein an ihrer Religionszugehörigkeit festmachen. Auch andere Gruppen, „etwa Kinder, Kranke, Alte und Traumatisierte“, so der migrationspolitische Sprecher Josef Winkler, hätten ein Bedürfnis nach und einen Anspruch auf Überwachung. Auch SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy lehnt eine Bevorzugung von Christen ab. „Ich glaube nicht, dass Bibelkenntnisse eine zwingende Voraussetzung sind, um in Deutschland vernünftig überwacht zu werden“, sagte er und kratzte sich an der Schläfe.

Gestützt wird Schäubles Initiative vom EKD-Ratsvorsitzenden Bischof Wolfgang Huber, der eine europäische Koordinierung für „zwar wünschenswert, aber nicht zwingend notwendig“ hält. In Deutschland bestünden schon jetzt die rechtlichen Grundlagen für die Überwachung schutzbedürftiger Flüchtlinge. Politisch allerdings müsse es darum gehen, im Irak auf Verhältnisse zu drängen, die es Christen und anderen Minderheiten erlauben, im eigenen Land überwacht zu werden.

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