Wenn sich ein Sponsor findet, der die Kosten dafür übernimmt, dann sollen Christian Wulffs Kinder dieses Jahr zu Weihnachten ein Buch über christliche Ethik bekommen. So ein Buch kostet allerdings 19,99 € bei Amazon, und übersteigt daher die Mittel eines Bundespräsidenten um Einiges.
Christliche Ethik gilt hierzulande als Premiumethik, wozu sie aber nichts kann, weswegen man es ihr auch nicht vorhalten darf, denn das liefe ihr zuwider. Es liefe ihr auch zuwider, wollte man etwa Warsteiner Bier vorhalten, daß es als Premium-Pils vermarktet wird.
Dafür kann es nichts.
Leute, die sich christliche Ethik leisten können, berichten allerdings, daß sie, die Ethik, im Gegensatz zu Warsteiner Bier, durchaus genießbar sei, und sie fassen sie wie folgt zusammen: „Do as I say, not as I do.“ Flott gesagt und praxisnah in der Anwendung. Denn damit kann man alle Fröbeliana getrost vergessen, denen zufolge Vorbild sein irgendetwas mit Vorbild sein zu tun hätte, wie es vielleicht einem Johannes Rau noch ins Gutmenschengesicht geschrieben gewesen sein mag, was aber im ethischen Alltagsgeschäft ineffizient, ineffektiv, unnachhaltig und schlecht kontrollierbar ist: wo soll man denn die ganzen Vorbilder hernehmen?
Die christliche Ethik räumt mit dieser Verschwendung auf. Bei ihr und in ihr kann sich jeder Vater, jede Mutter, jeder Lehrer, jeder Pfaffe und sonstiger Schwarzkittel benehmen wie die wilde Sau, denn gelten tut das gesprochene, nicht das gelebte Wort. Mit Friedrich Nietzsche zu paraphrasieren: Wenn du zum Priester gehst, vergiß die Handschellen nicht. Es liegt auf der Hand, daß ein dröges, blaßpapierenes, abstrakt bleibendes Kompendium dem erwachenden kindlichen Interesse für Gut und Böse und Möglichkeiten der Unterscheidung zwischen beiden sehr viel weiter entgegenkommt, als es das pralle Menschenleben tut, in dem es viele bunte Bilder, aber wenig Klarheit gibt, dafür viel Irrtum und nur hie und da ein Fünkchen Wahrheit, und in dem immer mal wieder eine Bezugsperson in Handschellen abgeführt werden muß. Christliche Ethik dagegen ist recht geeignet, dem Kind in ethischer Hinsicht so richtig Beine zu machen.
Nachteil: 19,99 €. Beinahe 20 Euro. Die wollen auch erst einmal aufgebracht sein! Und das von einer Familie, die sich sechs Jahre lang keinen Urlaub hat leisten können. Weil sie kein Geld dafür hatte. Und die nur deswegen in letzter Minute doch noch ein Plätzchen fand, weil barmherzige Mitmenschen bereit waren, zusammenzurücken und ihren Privatbalkon zur Verfügung zu stellen.
Hoffentlich finden sich auch ein paar gute Seelen, die dem Bundespräsidenten diese finanzielle Last von den Schultern nehmen wollen.