Die FDP – für die Jüngeren unter uns: das ist eine Partei, die sich neulich aus der Mitte der Gesellschaft verabschiedet hat, um auf den Abtritt zu ziehen. Dort wohnt sie seitdem, hinten, etwas seitlich von dem dicken Rohr, zwischen Silberfischen und Abflußhaaren, dort, wo immer dieser etwas eklige Schmier auf den Fliesen und besonders in den Fugen sitzt, von dem man gar nicht weiß, wo der eigentlich immer herkommt, von dem man aber ahnt, daß man gar nicht wissen will, wo der eigentlich immer herkommt, es wird doch das dicke Rohr nicht undicht sein?
Igitt.
Dort also ist die politische Heimat der FDP, und von dort beobachtet sie, was sonst so alles passiert in der Republik. Und warum auch nicht? Wer das Ohr am richtigen Rohr hat, kann allerhand gewahr werden.
Nun hat der Generalsekretär der Partei – der Generalsekretär, das ist, unsere jüngeren Leser wird das interessieren, der Generalsekretär einer Partei ist dafür da, den anderen Parteien den Außenspiegel abzufahren und ihnen den Schalldämpfer mit Bauschaum auszuschäumen. Das klappt auch meistens, und die Generalsekretäre der Parteien haben viel Spaß miteinander, aber manchmal hat einer Schwierigkeiten mit der Freund-Feind-Erkennung und fährt einem unbeteiligten Bürger den Außenspiegel ab, oder legt mit Bauschaum die eigene Partei vorübergehend still. So geschehen dem neuen Generalsekretär der FDP, einem gewissen Döring (Außenspiegel), und seinem Vorgänger, einem von Ehrgeiz zerfressenen Mann, dem man einen Gefallen tut, wenn man seinen Namen nicht im Zusammenhang mit der FDP erwähnt, welchen Gefallen wir ihm aber nicht tun (Bauschaum-Lindner).
Dörings Namen kann man ruhig nennen, er ist ein gemütlicher, rotbackiger Dickwanst, bei dem die Lendenwirbelstützen schon mal hart rangenommen werden, wenn er sich in den Fahrersitz krachen läßt, aber außer heißer Luft und dem Zeug, was normalerweise in FDP-Politikern drin ist – so ein weißliches, fluffiges Zeug vulkanischen Ursprungs, das man nicht in die Luftwege kriegen sollte und das bei OBI in Säcken verkauft wird – ist auch in ihm nicht viel drin. So ein bißchen ist er wie Hannover: etwas zu breit, etwas zu rund, etwas zu schwer und etwas zu laut, und kaum, daß man ihn gegoogelt hat, schläft man auch schon ein. Er fährt habituell die Außenspiegel von Leuten ab, weil es ihm die Gelegenheit gibt, zu zeigen, daß er genug Bargeld in der dicken Hose hat, um die Spiegel bar zu bezahlen.
Schade für ihn, daß er nun auch auf den Abtritt ziehen muß, wo er zwar telefonieren kann, wo ihn aber keiner beim Telefonieren sieht, und es heißt, einer wie er habe es nicht ungern, wenn man ihm beim Telefonieren zusehe, und am liebsten habe er es, wenn man ihm dabei zusehe, wie er mit seinem dicken Füller mit eingebautem Twitteraccount in sein dickes Notizbuch twittert, aber heh, hat ihn vielleicht einer von uns gezwungen, sich in der FDP zu engagieren?! Soll er da doch sitzen und brüten; vielleicht ist er ja der Mann, drauf zu kommen, was für ein ekler Schmier das da auf den Fliesen ist.
Und besonders in den Fugen.
Vom Abtritt aus twitterte Döring auch seinen ersten Angriff auf den politischen Gegner, in diesem Fall: die CDU. Es sei, so Döring, die CDU eine Verräterpartei, die ihresgleichen unter der Sonne nicht habe – hoppla, sind da jetzt die Pferde ein wenig mit mir durchgegangen? Es habe, so Döring, die CDU „sich sozialdemokratisiert“, sie sei, so Döring, dabei, sich aus der politischen Mitte zu verabschieden, und zwar, so Döring, ohne vorher die FDP zu fragen, was es, solange diese Welt sich drehe und Döring in ihr Spiegel abbreche, so nicht gegeben habe. Man habe sich dies zu Koalitionsbeginn nicht vorstellen können, jedenfalls nicht in der FDP, bei der, wo bei anderen Leuten die Vorstellungskraft sitzt, seit jeher Brache ist, die demnächst, weil dort eh nichts wächst, als Bauland ausgewiesen werden soll.
Nun ist es, seit Einstein es uns so gelehrt hat, durchaus möglich, zu sagen, die Sonne drehe sich um die Erde, und aus der Ferne, aus einer abgelegenen Darmzotte unserer Galaxis heraus geurteilt, mag es ja auch so aussehen, als täte sie dies. Aber, was habituell verschwiegen wird, ist, daß Einsteins Satz ja noch weitergeht, und zwar mit einem Großen Aber: Aber, so Einstein, man müsse schon ziemlich deppert sein, es auch zu tun. Denn dazu müsse man ein solch entlegenes, verzwicktes und menschenfeindliches Koordinatensystem mit sich herumschleppen, daß es das Hirn schmerze, und das man allenfalls noch antiquarisch oder vielleicht auf dem Schrottplatz finde, aber sonst nirgends unter der Sonne. Um die sich, unter uns Pastorentöchtern können wir es ja aussprechen, in Wahrheit nämlich alles dreht, auch die Erde. Alles andere ist doch Killefit.
Mag es also sein, daß es vom FDP-Abtritt aus so ausgesehen hat, als verabschiede sich die CDU von der politischen Mitte, für den Rest der Galaxis hat es sich so dargestellt, wie es auch gewesen ist: die CDU war kurz aufgestanden, weil ihr die Beine wehtaten, hatte den Anzugstoff von den Oberschenkeln gelöst, wo er festgeklebt war (das lange Sitzen), ein paarmal mit Fußspitze und Ferse auf die Auslegeware gesteppt, um die Muskeln zu lockern, und den einen oder anderen Wind fahren lassen, der im Sitzen nicht hatte rauswollen – und dann hatte sie sich wieder hingesetzt. Das war’s. Vielleicht sitzt sie jetzt etwas entspannter, weil es nicht mehr so bläht, aber ein Abschied von der politischen Mitte sieht anders aus.
Mal ganz davon abgesehen, daß es in den letzten 50 Jahren Jahren außer der FDP keinen gegeben hat, der die politische Mitte hätte verlassen wollen, im Gegenteil. Alle wollten immer nur hin, und denen, die dort ursprünglich mal gewohnt hatten – ganz harmlose Leute, die niemandem was zuleide tun wollten -, auf die Hühneraugen treten.
Zum Beispiel die SPD, die eines Tages mit Mann und Maus, Weib und Kind, Ochs und Esel, Planwagen, Salutkanonen und was man in der politischen Mitte sonst so braucht, eingeritten kam, den Rest der Ureinwohner vertrieb, und nun schon seit Ewigkeiten dort ansässig ist, praktisch neben der CDU, oder vis a vis, oder wie man will. Es ist eine gewisse Verwechslungsgefahr gegeben, aber, Hand aufs Herz, die meisten von uns finden abends schon in die eigene Wohnung, nicht wahr, auch wenn die Tür der Nachbarn ganz ähnlich aussieht.
Wenn Döring also poltert, die CDU habe sich dorthin gesetzt, wo eigentlich die SPD hingehöre, dann ist das a) nichts weiter, als der Versuch, der CDU einen Außenspiegel abzubrechen, wie man es ihn gelehrt hat und wofür der Gehaltsscheck monatlich geflogen kommt, b) aber steckt dahinter die Mär, die SPD sei eine sozialdemokratische Partei, die Sozialdemokratie der Niedergang von Allem und Jedem, und die CDU seit jeher anfällig für Dekadenz und die Schönheit des Verfalls. Es würde unsere jungen Leser langweilen, hier eine langwierige Gegenüberstellung von Dichtung und Wahrheit zu lesen, deshalb machen wir es kurz: das ist Killefit.
Es gibt in diesen Gegenden keine Sozialdemokratisierung der CDU, hierzulande ist nicht einmal die Sozialdemokratische Partei sozialdemokratisiert. Eine CDU, die die SPD als Agressor identifizieren wollte, um anschließend der Versuchung der Identifikation mit demselben zu erliegen, eine solche CDU müßte versuchen, mit dem eigenen Spiegelbild identisch sein zu wollen, mit all den Folgen, die das für ihre Persönlichkeitsspaltung hätte. Das kann man also vergessen. Es gibt also eine gewisse Verwechslungsgefahr, Aber, Großes Aber – meine jungen Leser mögen kurz aufmerken, es ist gleich vorbei, und solange reicht ihre Aufmerksamkeitsspanne vielleicht gerade -: es gibt auch einen Unterschied. Zwei, genaugenommen, nämlich die Namen. Daran erkennt man sie, und daran kennt man sie auseinander.
So, nun könnt ihr spielen gehen. Was die Union angeht, die ließ sich die Döringsche Klatsche übrigens nicht gefallen, und dachte gar nicht daran, ihm etwa den anderen Spiegel auch noch hinzuhalten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller – für meine jungen Leser: die CSU – heh, wo seid ihr denn? – Ach, die sind spielen?
Na dann, unter uns Pastorentöchtern: Müller wies Dörings Antrittstweet als „abtrittig“ zurück.