Im Streit um das Deppengesetz (Betreuungsgeldgesetz oder Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes) hat CSU Generalsekretär Dobrindt dazu aufgerufen, mehr Vertrauen in die Eltern zu setzen.
Die Unterstellung, sog. „bildungsferne Eltern“ könnten versucht sein, ihren Nachwuchs aus den Kindertagesstätten fern zu halten, damit ihrem Betreuungsgeld kein Leides geschehe, sei aus drei Gründen ärgerlich:
- solle man nicht immer „bildungsfern“ sagen, das klinge so davonstoßend, sondern „bildungsnah“. Denn Nähe signalisiere ja immer einen gewissen Abstand. Ohne Abstand keine Nähe. Wenn etwa einer in Bayern wohnt, sagt man ja auch nicht, er wohne „bayernnah“, denn er wohnt ja nicht bayernnah, weil er ja innen drin wohnt. Wie einer, der in der Badewanne sitzt, der sitzt ja auch nicht „badewahnnennah“. Und wenn einer außerhalb Bayerns wohnt, dann braucht er gar nicht groß bayernfern zu wohnen, es reicht völlig aus, wenn er in – wo kann man denn beispielsweise mal wohnen, bzw. nicht wohnen? – Ulm! Wenn einer in Ulm wohnt.
- hätten sich die Bildungsnahen ja nur eine gesunde Skepsis gegen die Bildung bewahrt, da solle man nicht schlecht von reden. Wenn einer in der Nähe des Starnberger Sees wohne, zeige das doch auch nur eine gesunde Skepsis gegen das Wasser. Sonst würde er ja im Starnberger See wohnen.
- hielten die Bildungsnahen ihren Nachwuchs nicht etwa deswegen aus den Kitas fern, weil sie um ihr Betreuungsgeld fürchteten, das auch, aber viel mehr fürchteten sie um das Seelenheil ihrer Kinder, die in solchen Kitas eventuell mit Kindern von bildungsfernen Eltern aufs gleiche Töpfchen gehen müßten.
Nicht nur menschenfeindlich aber sei es, sondern zynisch und menschenverachtend, die Unterschichtsangehörigen alle über den selben Läusekamm zu scheren, und zu behaupten, Vater Unterschicht oder Mutter Unterschicht denke nur mit dem Portemonnaie, und würde für 150 Silberlinge im Monat das Wohl des Kindes an die Römer verkaufen.
Ehrenrührig sei das.
Wenn es freilich so käme, so wäre das in niemandes Interesse, aber anzunehmen, aber daß es so kommen müsse, das sei ideologische Verblendung. In deren Folge man manches nicht sehe oder nicht richtig sehe. Wie zum Beispiel, daß die Unterschichtsincentivierung ja auch positive Effekte haben könne, nein, habe. So sei es doch nicht nur vorstellbar, sondern liege auf der flachen Hand, daß die häusliche Gewalt gegen Kinder in den Problemfamilien abnehmen werde. Wir alle kennten die Horrorgeschichten von Kindern, die wegen Schreiens während eines Europameisterschaftsspiels vom Unterschichtsvater zu Tode geschüttelt werden. Wenn der Unterschichtsvater aber wüßte, er hat nicht nur seine Tochter, sondern 150 Euro in der Hand (pro Monat!), dann würde er sie wesentlich vorsichtiger schütteln, oder ihr vielleicht nur den Mund mit Heftpflaster zukleben.
Das sei doch ein großer Fortschritt.
Gewiß müsse man berücksichtigen, daß die Unterschichtsleute ein anderes Wertesystem hätten als wir, andere Sachen äßen, andere Dinge täten, den ganzen Tag Flatscreen guckten und überhaupt ganz anders seien als wir, sonst wären sie ja nicht Unterschicht und wir nicht nicht. Aber so viel anders als wir, daß sie mit 150 Euro nicht liebevoll und sorgsam umgehen würden, seien sie ja wohl nicht.