so daß das Gute, was einmal da war, nicht wieder zugrunde gehen kann.
I’ve seen lots of funny men.
Some will rob you with a six-gun
And some with a fountain pen.
Aus gegebenem Anlaß (Nerven!) und um die hier mitlesenden Feinde der Urheber sowie durchsegelnde Piraten zu ärgern, bekennt Tropfen am Eimer sich hiermit zum Urheberrecht.
TaE ist nicht der Meinung, daß es jedem Roller, Spiegelberg, Kosinski oder Schufterle erlaubt sein sollte, gefälschte oder nachgemachte Hitlertagebücher in Umlauf zu bringen oder gefälschte oder nachgemachte sich zu verschaffen. Das Fälschen von Hitlertagebüchern ist eine große Sache, das macht man nicht mal so eben nach der Tagesschau, dazu braucht es Schmalz und Sitzfleisch. Dazu braucht es etwas, was der durchschnittliche Download-Dussel gar nicht mehr kennt: Arbeitsethos. Ein gefälschtes oder nachgemachtes Hitlertagebuch ist das Ergebnis harter und entbehrungsreicher Arbeit! Solch ein Tagebuch verlangt seinem Fälscher etwas ab, es fordert ihn, es fordert etwas, das dem bedauernswerten Bologna-Abbrecher allenfalls vom Hörensagen bekannt wäre, wenn er denn gelernt hätte, zuzuhören, was er aber natürlich nicht hat.
Es erfordert Können. Das aber wollen die Zwergdiplomanden und Bachelor-Bubis nicht wahr haben, das wollen sie nicht einmal kennen. Das Können kann sie mal.
Dafür haben sie eine App.
Jaa, man nenne uns Verhinderer des 21. Jahrhunderts, nenne uns Mörder des Morgen, nenne uns Feinde des Zeitpfeils! Es schmeichelt uns. Wir bedanken uns für den Strauß, stecken ihn uns hinter das Hutband und wehren beidhändig ab: zuviel der Ehre! Es mecht uns ja eine Freid sein, aber – wir Kulturpessimisten sind nicht mehr das, was Kulturpessimisten in früheren Zeiten gewesen sind. Frühere Jahrhunderte haben das je nachfolgende zu verhindern gewußt; wir heißen es ein pixelpanschendes Kastratensaeculum, wir schleudern ihm ein Pfui! entgegen, aber wir verhindern es nicht mehr. Wenn die Mur erst einmal den Berg hinabgemalmt ist, bringt sie auch der VdK/VZ nicht wieder hinauf.
Immerhin können wir den Anspruch erheben, rechtzeitig auf die fehlende Murverbauung hingewiesen zu haben.
Aber zurück zu Konrad Kujau: Er ist der geistige Vater und – jawohl: der Urheber – der Tagebücher, er, und nur er, darf für sich in Anspruch nehmen, uns eine große Freude gemacht zu haben. Das waren noch Zeiten, als man über den STERN lachen konnte. Heute schlägt man das Internet auf und die Tränen laufen einem übers Gesicht. Tränen der Trauer, Tränen des Schmerzes, Tränen des Zorns. Die Tränen des Lachens blieben zurück im verlorenen Jahrtausend, verströmt zwischen den Sitzreihen eines Kinos auf der Querenburger Höhe, die Fesseln der Angebeteten netzend, die sich dort mit uns wälzte, buchstäblich vor Lachen wälzte, RITAL, weil anders der Krämpfe in Bauch und Zwerchfell nicht Herr zu werden war.
Those were the days. Man zahlte einen mäßigen Obulus für den JIT-Download Monty Pythons (Live at the Hollywood Bowl) von der Leinwand, und erhielt ein Vielfaches an Lachen zurück. Monty Python wurden reich, aber wir wurden reich beschenkt. Nie wieder sollte die Welt solch ein Lachen sehen. Nie wieder soll die Welt solch ein Lachen sehen!
Und heute? Youtube, ih-bah! Eben haben wir uns, zu Verifizierungszwecken, noch einmal den Philosopher’s Song angesehen, und hatten schon wieder Tränen in den Augen.
Dreifach betrogen ist der Künstler, dreifach betrogen Konrad Kujau. De Tid, de allens fritt, sie schreitet über ihn hinweg, den materiellen Mehrwert frißt die Content-Mafia, und das Netz zerbröselt seinen Ruhm zu Staub. Dust, numerical dust. Und wenn der Wind darüber geht, so ist er nimmer da, und seine Stätte kennt ihn nicht mehr.
Und nun wollen die selbst ernannten Verwertungsmafiajäger, die Netzanwaltschaft, die Totenkopf-Tölpel und das Geschwader der Treibholzköpfe im BitTorrent ihn um sein Recht betrügen. Freiheit, die sie meinen. In Zukunft (Pfui!), so ihr Credo, werde jeder Siebdruck für 15 Minuten Andy Warhol sein.
Wir wollen Euch etwas sagen, ihr wollt es nicht hören, das wissen wir, junge Leute wollen nie etwas hören, das war früher nicht anders als heute, obwohl es heute, wie uns scheinen will, halbherziger damit zugeht, als zu unserer Zeit: wenn wir etwas nicht hören wollten, dann hörten wir aufmerksam zu, damit wir genau wußten, worum es ging, um dann gezielt nicht darauf zu hören. Heute, hat man den Eindruck, geht das alles ein in den allgemeinen Geräuschbrei, auf den nicht gehört wird, und keiner wüßte zu sagen, auf was er gerade nicht hört.
Wir sagen es Euch trotzdem: Wenn Ihr die Befreiung der Sklaven hättet voran treiben sollen, so hättet Ihr gerufen: Schluß mit dem Eigentum! Kein Mensch soll einen anderen besitzen dürfen! Davon profitieren nur die Plantagenbesitzer! Die Sklaven müssen allen zur Verfügung stehen, und zwar zum Nulltarif.
Und dann hättet ihr noch das eine oder andere Modell hin und her gewendet: z.B. eine Baumwollflatrate, mit welcher der Sklavennutzer die Sklavennutzung pauschal abgegolten hätte, und aus welcher das Futter, die Peitschen und die Aufseher bezahlt worden wären.
Da seien uns, Euch und uns, die Ururgroßväter Mahnung und Vorbild: Euch Eure Urururgroßväter und uns unsere Urgroßväter, die die Sklaven einfach auf die Straße setzten und sie inskünftig in der Marktwirtschaft hungern ließen. Das hat denen nicht geschmeckt, woher auch, aber so ist das nun einmal im Kapitalismus. Der gilt auch für ehemalige Sklaven. Der Hunger gehört zum Künstler wie die gekreuzten Knochen zum Totenschädel. „Immer fleißig gehungert, Meister, dann wird das große Werk schon kommen.“
Es war nicht alles gut, früher. Wir Kulturpessimisten wären mißverstanden, wenn man das für unsere Botschaft nähme. Es war nicht alles gut, aber die Utopien waren besser. Und die Räuber waren früher von ganz anderem Schrot und Korn:
Das Wehgeheul‘ geschlagner Väter,
Der bangen Mütter Klaggezeter,
Das Winseln der verlassnen Braut
Ist Schmaus für unsre Trommelhaut!
Aufmerksame Leser dieses Blogs – doch, die gibt es. Die werden zwar heute gar nicht mehr hergestellt, aber es gibt noch welche. Wieso nicht, es gibt ja auch noch Käfer, gute, zuverlässige und schöne Autos – aufmerksame Leser wissen, daß hier hin und wieder Schiller zitiert wird, wenn es sich gerade an- oder die Not es gebietet. Wenn es um Freiheitsthemen geht, beispielsweise, oder es dem Autor gerade so in den Kopf kommt. Und wann geböte es die Not, wenn nicht jetzt:
Was seid denn Ihr überhaupt für Räuber?!
Da geht ihr doch glatt hin und sagt, das Schlagen von Vätern, das Bangemachen von Müttern und das Verlassen von Bräuten sollte legalisiert werden, deren Klaggezeter sei deren Privatsache, und ihr würdet es so und so nicht vernehmen, weil ihr ständig diese Nerdkopfhörer auf dem Schädel habt, und allenfalls ließet ihr mit Euch über eine Flatrate reden.
Hosenscheißer! Miträubern wollen aber kein Blut sehen können. „Revolutionäre mit Gehältern nach A13 und Pensionsansprüchen“ (Degenhardt). „Bevor das den Perron stürmt, löst es nicht etwa eine Bahnsteigfahrkarte, nein, es verlangt, daß die Sperre abgeschafft, das Stürmen des Perrons als eine Kulturtechnik anerkannt, und der Beamte samt Knipszange nach Hartz IV rationalisiert werde.“ (Gero) „Teebeutelmarinettis.“ (Germanistenfuzzi) „Schon immer haben die Hipster sich für hipper gehalten als die nicht so hippen. Das macht den Hipster zum Hipster. Das Unangenehme an diesen Hipstern ist nicht ihre Hipness, das Unangenehme an diesen Hipstern ist dieses T-Shirt: Es gibt wohl ein richtiges Leben im falschen! Alles eine Frage der Technik.“ (Quastel) „Und dazu dieses Gesicht, als hätt ihrer jeder das Arpanet erfunden, persönlich, oder wär zumindest knapp davor gewesen. Zutrauen tät er’s sich. Jedenfalls wüßt er, wie man Uppernett schreibt.“ (Stilton Sbrinz)
Wenn Ihr, mehr zu bedauern- als zu tadelnde Nachgeborene, nicht ständig auf Eure Smartphones glotzen würdet, dann wüßtet Ihr, daß es hinten auf dem Schulhof – wißt Ihr noch, was ein Schulhof ist? Ein Schulhof ist der Ort, an dem man seine Mitschüler mobbte, als es noch kein SchülerVZ gab. Und auf diesen Schulhöfen gab es diese schmuddeligen, nicht gut einsehbaren Ecken, in denen wir als Fünfzehnjährige immer geraucht haben, wo Ihr unsere Initialen in den Grünsandstein geritzt finden könnt und vielleicht auch noch den Schriftzug ‚ficken‘. Wir waren nämlich schon mit fünfzehn ganz unerschrockene Rebellen.
In diesen dunklen Ecken konnte man gewisse Waren, deren Umschlag niemanden etwas anging, in den Wirtschaftskreislauf einspeisen oder aus ihm herausnehmen, immaterielle auf Diskette gespeichert und materielle meist in Stanniol gewickelt. Noch eure Väter haben in solchen Ecken Doom und Wolfenstein und wahrscheinlich auch die ersten digitalen Pornos geupt, während Ihr Eure Tage mit Euren Müttern in Stillgruppen verplempertet. Ihr hättet lieber was lernen sollen!
Habt ihr ja wahrscheinlich auch. Daß Euch alles vor die Nase gehalten wird und in den Mund wächst, nämlich. Und Euch alles zusteht. Denn Ihr wollt, bildlich gesprochen, nichts anderes, als daß die Kopierstrecke im Klassenzimmer selbst aufgebaut werde, unter Einschluß des Pultes. Begründung: die Technik gebe es schließlich her.
Nun, die Technik gibt es auch her, Fahrradschlösser zu knacken. Sollen wir Euch das einpacken, und wollt Ihr das gleich hier aus der Hand legalisieren?
Die Technik gibt es übrigens auch her, Euch den Hintern zu versohlen.
Daß aber nicht in Polemik untergehe, was uns ernstes Anliegen ist: ja, die Technik gibt es her. So wie das Polyvinylchlorid die massenhafte Verbreitung von Tonträgern ermöglichte. Edison mußte seine Walzen noch einzeln mit Stanniolpapier umwickeln, bevor er Mary had a little Lamb in den Trichter singen konnte. Es war nicht alles besser früher. Heute gibt es Mary Had a Little Lamb in mehr als 20 Versionen im iTunes Store, je 99 Cent, ding ding ding ding ding!
Als wir in den 80er Jahren unsere 10-Mark-Scheine in den Plattenladen trugen, zahlten wir damit nicht nur die Vorstandsgehälter bei United Artists, Rückstellungen, Pensionen, die Fahrer, die Sekretärinnen, die Feten, die Pressekonferenzen, die Schnittchen, Hostessen, die Dividende der Aktionäre, die Ladenmiete, den Kassierer, den Transport, werweiß Zoll, Versicherungen, Berufsgenossenschaft, den Hausmeister und Schießmichtot, sondern auch die Putzfrau, die dort täglich fegte und hin und wieder feudelte. Den Besitzer der Ladenkette. Und einen Pfennig für den Künstler. So war das im Kapitalismus. Es war nicht alles schlecht.
Von den 99 Cent für Mary Had a Little Lamb gehen heute ca. 99 Cent an Apple. Hausmeister, Kassierer, Putzfrau und Fahrer sind herzlich eingeladen, von was anderem zu leben. Was wollt Ihr, das ist die Globalisierung.
Es ist nicht an uns, zu entscheiden, ob Paul McCartney noch zusätzliches Geld benötigt, und also von Apple einen Cent abkriegen sollte, aber wieso ist es an Euch, zu entscheiden, daß er keins braucht? Der Einzelhandel ist ausgeschaltet, va bene. Auch Apple läßt sich, mit etwas Disziplin, gutem Willen, hartem Training, eiserner Kondition und übermenschlicher Anstrengung vielleicht umgehen, weiß man’s? Vielleicht auch nicht. Wahrscheinlich nicht. Eher nicht. Kaum anzunehmen. Ach was! – Wünschenswert aber wäre es.
Aber wäre es auch wünschenswert, Paul McCartney auszuschalten? Warum? Weil es die Technik hergibt? (Dabei gibt es McCartneys Mary gar nicht bei iTunes. Weiß der Kuckuck, was da für – ganz gewiß ganz streng kunstimmanente! – Gründe eine Rolle spielen.)
Ok, die Technik gibt es her, also wird sie genutzt werden. Der Geist, einmal aus der Flasche, läßt sich nicht zurück in die Zahnpastatube zwingen, und trägt Wasser bis zum Abwinken. Haken dran. Auch kann man Zweifel daran haben, ob es sinnvoll ist, ein Gesetz, dessen Einhaltung zu überwachen schwierig und durchzusetzen nicht möglich ist, zur Grundlage einer florierenden Abmahnungswirtschaft zu machen. Geschenkt, die Zweifel! Sinnvoll ist, was Geld bringt. Gerade die Nichtdurchsetzbarkeit eines Gesetzes ist Garant für seine dauerhafte Nutzbarkeit als Abmahnungsgebührengenerator. Zweifel daran sind nicht sinnvoll. Es ist also sinnvoll.
Aber das alles erklärt uns nicht, warum Paul McCartney keine Tantiemen mehr bekommen soll. Weil es die Technik nicht hergibt? – Die Technik gibt es aber her. Man muß sie nur nutzen.
Müßte. Wollt ihr aber nicht. Da seid ihr mit der Abmahnindustrie einig. Abgemahnt werden wollt ihr aber auch nicht?
Wohlan denn, und noch einmal gefragt: was seid denn Ihr für Räuber?! Pretty Boy Floyd! Karl Moor! John Wesley Hardin! Robin Hood! Schinderhannes! Fra Diavolo! Ned Kelly! Hiasl! Bonny! Clyde! Sam Hall! Hotzenplotz! Jesse James! Billy the Kid! Jennerwein! François Villon! Seht euch diesen Schwarm von Galgenvögeln an! Klauen wie die Jungraben. Haben keine Skrupel, aber Schiß! Seichen sich nicht erst ein, wenn der Geier auf dem Holz sitzt, sondern rennen schon zurück zur Stillgruppe, wenn jemand ihre IP-Adresse speichern will! Die wissen nicht nur nicht, die wollen gar nicht wissen wissen, wie schwer der Arsch ihnen wiegt! Dabei könnten gerade sie Auskunft geben, wie schwer ein Arsch wiegt.
Vorschlag (keine Sorge, wird sowieso nicht umgesetzt; wenn Vorschläge etwas ändern würden, wären sie verboten): könnte man nicht differenzieren? Zwischen ungerechtfertigter Abzocke hie und ungerechtfertigtem Abziehen da? Könnte man nicht bei diesem voller Räuberwürde mit dem Holzbein aufstampfen und sagen: „Jawohl, ich lud Mary Had a Little Lamb herab. Aus dem Internet. Jawohl, ich würde es wieder tun, wenn mir die Festplatte abrauchte, ich keine Kopie hätte und der Song nicht so beschissen wäre. Nein, ich werde nicht dafür bezahlen, McCartney hat Geld genug. Mein Hals wird für alles zahlen, dermaleinst. Geh mir aus der Sonne, Gravenreuth, du machst mein Nabelchakra schwellen.“
Und bei jenem: „Ja, ich lud Pretty Boy Floyd in mein Haus. Ich brauchte ihn, um mein Pamphlet Treibholzköpfe im BitTorrent rund zu machen. Mir ging da eine Zeile im Kopf herum „and underneath a napkin left a thousand dollar bill“. Über die wollt‘ ich mit ihm reden. An die Schallplatte, die selbstverständlich mein rechtmäßiges Eigen ist, kam ich der Umstände wegen – ich war zu faul, sie zu suchen – nicht heran. Wir aßen zusammen. Und was soll ich sagen: als Floyd gegangen war, fand ich – unter der Serviette – diese MP3-Datei.“
Man könnte. Die Technik gäbe es her. Aber Ihr wollt auch das nicht. Bitte, Ihr müßt ja nicht, Ihr seid schließlich erwachsene Leute. Jedenfalls volljährige Leute. Leider, denn die Senkung des Volljährigkeitsalters war ein Fehler. Statt dessen hätte man das Alter auf 27 hinaufsetzen sollen. Allerdings darf man sich nicht der Illusion hingeben, dadurch würde sich irgendwas zum Besseren gekehrt haben. Aber immerhin seid ihr jetzt verantwortlich für das, wofür wir Euch verantwortlich machen, und wir machen Euch verantwortlich für Eure Stillosigkeit! Man rufe Thomas Sawyer!
„Sir?“
„Thomas Sawyer, wo warst du am 17. Juni um die Mitternachtsstunde?“
„Auf dem Friedhof!“
„Etwas lauter, mein Junge. Hab keine Angst. Du warst -“
„Auf dem Friedhof.“
„War jemand bei dir?“
„Ja, Sir.“
„Laut – ein Ideechen lauter. Wer war bei dir?“
„Ich war mit Huck Finn zusammen.“
„Was tatet Ihr dort?“
„Wir sprachen über meine Räuberbande, und das Huck nicht Mitglied werden könnte, wenn er nicht vorher bei der Witwe Douglas Benehmen gelernt hätte.“
„Was war Huckleberrys Einstellung dazu?“
„Er sagte, Pirat hätte ich ihn doch auch sein lassen, ohne Benehmen, aber ich sagte, ein Räuber wäre was viel Nobleres als was so ein Pirat sei, und Huck bettelte, daß ich ihn nicht ausschließen sollte, und ich sagte, ich wollt’s ja auch nicht tun, aber daß die Leute würden sagen: Tom Sawyers Bande? Pah! Schönes Lumpenpack dabei! und daß sie damit ihn meinen würden, Huck.“
„Tom Sawyer, bist du dir klar darüber, daß du deinem Freund Huckleberry großes Unrecht tatest?“
„Sir?“
„Huckleberry Finn ist eine Zierde für jede Räuberbande. Ein Räuberhauptmann wie du einer sein willst, kann sich glücklich schätzen, einen so feinen Charakter wie den Huckleberrys in seiner Bande zu wissen.“
„Sir, ich -“
„Wir könnten dir die Namen niedriger Charaktere nennen, nein, wir könnten sie dir nicht nennen, denn wir kennen sie nicht, wir könnten sie dir nicht einmal zeigen, denn sie verbergen ihre Gesichter hinter Guy-Fawkes-Masken.“
„Sir, mir war nicht -“
„Lumpenpack, wahrhaftig! Du schuldest Huckleberry eine Abbitte, Thomas. Weißt du, was Lumpencharaktere tun? Was ein Huckleberry Finn niemals täte: sie dissen und doxen Leute im Netz, die anderer Ansicht sind, als sie. Das tut Lumpenpack. Solches tut Netzkehricht.“
Wir wollen übrigens, Anonymous, wo wir grad dabei sind, im Herbst eine Woche Urlaub machen. Geht das in Ordnung? Den Antrag haben wir angehängt. (Wir müssen ja anscheinend jetzt alles bei Euch vorlegen, damit Ihr es absegnet.)
Damals, es mag zu unserer Grünsandsteinmauerzeit gewesen sein, oder etwas später, da wollten wir wo einen selbstgeleerten Bierkrug mitgehen lassen, und der Kellner, ein weiser Mann, hielt uns auf und sagte, daß das so nicht gehe. „Kinder, Kinder,“ seufzte er und schüttelte den schütteren Kopf, „muß ich Euch erst zeigen, wie man einen Bierkrug stiehlt?“
Und dann zeigte er es uns. Wir brauchen nicht ins Detail dessen, wie man es macht, zu gehen, es genügt, wenn wir kurz anreißen, wie man es nicht macht: Man trägt den Krug nicht offen vor dem Tresen her. Tut man es doch, sollte man schneller sein, als der Wirt. Ist man nicht schneller, als der Wirt, sollte man noch einmal überdenken, ob Bierkrugdiebstahl die richtige Sportart für einen ist.
Damals waren wir stolz auf den Krug, aber wir schämten uns, weil wir erwischt worden waren. Heute sind wir nicht länger stolz, heute schämen wir uns auch des Kruges. Nicht weil er unrecht Gut ist, sondern weil Veltins darauf steht.
Im selben Jahr ließ die Lach- und Schießgesellschaft in ihrem grandiosen Programm „Der Moor ist uns noch was schuldig“ – Zitat aus unserem Analogdownload:
Schufterle und Spiegelberg sind tot.
Die ihr noch übrig seid von meiner Bande,
Geht Ihr linkswärts, laßt mich rechtswärts zieh’n.
Habt ihr aufgemerkt, Hosenscheißer? Hier wird Schiller zitiert; es scheint um große Dinge zu gehen.
Die noch übrig sind von jener Bande, das sind Schufterle Diedrich und Spiegelberg Hildebrandt. Lang mögen sie von ihren urheberrechtsmäßig erworbenen Tantiemen leben können! Sollen sich allerdings nicht einbilden, das Leben würde lebenswerter, je älter man wird – übrigens die allerherzlichsten Glückwünsche an Spiegelberg zum 85sten! Ist Gott gnädig, und Gicht und Demenz bleiben einem erspart, muß man mitansehen, wie draußen die Holzbeine ihre Flagge hissen. Für die gesamtgesellschaftliche Intelligenz ist das ein Nullsummenspiel.
O über Euch Narren, die Ihr wähnet, die Welt durch Greuel zu verschönern!
Jedenfalls ließen – Zitat:
Spiegelberg und Ko-
sinski!
in dem Programm den zweihundert Jahre alten Karl Moor samt Bande wieder auf Raubzug gehen und die westdeutsche 68er-Gesellschaft um alle möglichen immateriellen Werte erleichtern. Den Glauben an die Unfehlbarkeit des Papstes, die Liebe zur verlorenen Heimat, die Hoffnung auf die Wiedervereinigung, solche Dinge.
Allerdings ließ Moor damals auch alles mögliche zurück, das besser nicht ungeklaut geblieben wäre, und das sich mittlerweile auf natürlichem Wege vererbt hat: Flausen zum Beispiel, Illusionen, falsche Vorstellungen, Blauäugigkeit, Narrensparren. Die Zuversicht, daß sich die Mafia austrocknen ließe, indem man den Stoff legalisiert.
Ha, hahahahahahahahahaha! Har! Har! Har! Hu! Huhuhu! ROTFC.
Als ob die Mafia ihr Geld nicht mittlerweile in anderen Unternehmungen stecken hätte, als ob sie auf Euch Junkies angewiesen wäre! Wenn morgen das Urheberrecht fällt, kommt übermorgen die Mafia mit nichtdigitalem Content daher, laßt sehen, was böte sich da an? Gladiatorenkämpfe? Löwenfütterung? Kann man ruhig filmen und für lau bei Youtube zeigen lassen, die Leute werden schon zu den Events kommen und den Zahlemann machen.
Und wenn es mit den Spielen nicht klappt, verlegt das Kapital sich halt aufs Brot. Weizenspekulation und Hungertermingeschäfte mögen nicht die Spitzenrenditen generieren, sind aber immer ein ordentliches Brot- und Buttergeschäft. Und währenddessen geht Ihr armen Irren mit Dreschflegeln und Forken aufs Urheberrecht los. So haben wir uns Bauernaufstände immer vorgestellt:
Arme Poeten, die keinen Schuh anzuziehen hatten, weil sie ihr einziges Paar in die Mache gegeben, und was das Hundsgesindel mehr ist; es lohnt sich der Mühe nicht, daß man davon redt. Wie ich von ungefähr so an einer Baracke vorbei gehe! hör‘ ich drinnen ein Gezeter, ich guck‘ hinein, und wie ich’s beim Lichte besehe, was war’s? Ein Urheberrecht war’s, noch frisch und gesund, das lag auf dem Boden unterm Tisch, und der Tisch wollte eben angehen – Armes Thierchen, sagt‘ ich, du verfrierst ja hier, und warf’s in die Flamme –
Jedenfalls nachdem wir Karl Moor begegnet waren. Als wir anschließend in die Speisekammer gingen, uns ein bißchen Zuversicht zu holen, Zuversicht, daß es auch anders sein könnte, da lag der Sack schlaff am Boden und war leer.
Der Meinung, daß nur ein totes Urheberrecht ein gutes Urheberrecht sei, der Meinung kann man ja sein. Der anderen Meinung, daß man das Urheberrecht schön vorsichtig, damit es nicht kaputt geht, umtopfen sollte, die Wurzeln waschen, einen passenden Topf suchen, ein paar Triebe kappen, trockene Blätter rauspflücken, ein bißchen Dünger springen lassen usw., und dann einen Platz suchen, an dem es sich gut in die neue Umgebung fügt, damit alle was davon haben, der Meinung kann man aber auch sein. Das ist nämlich unsere Meinung, und wir haben eben festgestellt, daß man sehr gut und völlig problemlos dieser Meinung sein kann.
Auch eine Meinung, der man sein kann, ist die, daß man bei Rewe eine schöne neue Expreßkasse einrichten sollte, wo die Leute, die ihre Pizza lieber nicht bezahlen wollen, die Schachtel über den Scanner ziehen können. Keine Wartezeit, die Kassiererin wird zum Bahnsteigkartenknipser nach Hartzvierhausen geschickt, und die Kasse kann auch gleich Pizza nachbestellen, wenn sie alle sein sollte.
Aber wir sind nicht dieser Meinung. Die Technik allerdings gäbe es her, soviel muß wahr sein.
Es geht übrigens anders:
Einst, es war schon später in unserem Leben, und wir waren eben zu Geld gekommen, was nicht immer so war, da saßen zwei Pisanerinnen in unserer Küche, die der Soziologie versprochen waren, und die Soziologie hatte sie zu uns geschickt, damit sie zugunsten ihres Leistungskurses herausfänden, ob die GEZ-Gebühren zu hoch, zu niedrig oder zu angemessen seien, und ob wir sie zahlen könnten, wollten und würden. Wir sagten, wir könnten, wollten und würden. Zu entscheiden, ob die Höhe angemessen sei, liege nicht bei uns, unsere Spiegelneuronen erlaubten es uns aber, uns soweit in den Autor eines Hörspiels, das niemand hören will, hineinzuversetzen, das wir uns vorstellen könnten, wie er hin und wieder das Bedürfnis nach einem Teller Bratkartoffeln hätte. Das war ihnen nicht recht, denn die Soziologie hatte anscheinend vorgeschrieben, herauszufinden, daß die Gebühren zu hoch seien, von niemandem gewollt, und außer von Privilegierten nicht zu bezahlen.
Sie fragten uns dann noch nach Nettoverdienst, Position und Ausbildung, um die Daten an einen Adressenhöker verkaufen zu können, und wir erzählten den beiden, daß wir Programmierer seien und von der Programmierung von BitTorrent-Clients lebten, und zwar nicht schlecht. Was damals aber noch niemandem etwas sagte. Immerhin war ihr Weltbild insoweit wieder hergestellt, als wir nun Privilegierte waren, denen die Höhe der Gebühren egal sein konnte, während der gemeine Mann jeden Pfennig umdrehen mußte, weil zu den öffentlich-rechtlichen Gebühren ja auch noch das dreifache an Kosten für Premiere kam.
Wir warfen die beiden die Treppe hinunter. Weder damals, noch davor, noch danach, haben wir jemals Kirch-Content gekuckt, und heute ist Kirch pleite.
Ganz ohne daß wir uns am Urheberrecht hätten vergreifen müssen.
Wir sehen ein, daß Ihr es schwerer habt als wir, ein zweites Mal wird sich Leo Kirch nicht durch Boykott in die Knie zwingen lassen, zumal er mittlerweile tot ist; aber auch das Urheberrecht wird sich, Ihr werdet’s erleben, nur einmal tothauen lassen.
Macht es doch so wie wir: einfach früher geboren worden sein! Wir sind mit unseren Downloads durch. Wir haben alles gesaugt, was unsere Ohren jemals schlucken können, und mehr. Was jetzt noch hinaufgeladen wird, ist qualité negligeable, wenn auch von konsiderabler Quantität. Wie einer sagte, damals, als mininova vorübergehend dichtmachen mußte – über Monate hin waren wir auf Klangfang gewesen und hatten alle Bootlegs heruntergeladen, die nicht bei drei auf dem Baum waren, und wenn wir deren Fuß noch zu fassen kriegten, auch die; mehrfach war bei unserem µtorrent-Client wegen Überhitzung der Ölfilm gerissen -:
„Soll das etwa heißen, daß wir jetzt endlich mal Zeit haben, den ganzen Scheiß auch anzuhören?“