Retourkutsche
Wie der Käsdorfer Metropolitan (KM) berichtet, haben zwei katholische Priester, die in Münster von Unbekannten in den Aasee geworfen worden waren, schwere Anschuldigungen gegen die Stadt und ihre Bewohner erhoben. Angeblich haben die Münsteraner sich geweigert, den beiden aus dem schweinekalten Wasser zu helfen, weil sie „sich die Hände nicht schmutzig machen“ wollten. Die Stadt spricht von einem Mißverständnis.
Immer wieder kommt es in der westpfählischen Stadt vor, daß Priester in den Aasee geworfen werden. Lange Zeit hat dieses Verbrechen unter Nichtpriestern als ‚Kavaliersdelikt‘ gegolten, und erst neueren Tags setzt sich langsam die Erkenntnis durch, daß es das nicht ist. Die gesundheitlichen und psychischen Folgen sind erheblich, zumal die Priester nicht verheiratet sind, und nicht jeder eine Haushälterin hat, die ihm ein heißes Bügeleisen auf den verkühlten Leib bringen und die Sache so wieder gut machen kann. Aktivisten und Aktivistinnen für Priesterrecht wenden sich insbesondere gegen das leichtfertig vorgetragene ‚Argument‘, die Priester seien selbst daran schuld, wenn sie ins Wasser geworfen werden würden, ja, sie legten es geradezu darauf an. „Es ist kein merkwürdiges Hobby, nachts im Priestergewand um den Aasee zu marschieren,“ so eine Aktivistin über den Standardentlastungstrick, mit dem die Münsteraner Laien das merkwürdige Hobby, Priester ins Wasser zu werfen, zu ‚entschuldigen‘ gewohnt sind, „und selbst wenn es ein merkwürdiges Hobby wäre, merkwürdige Hobbys sind kein Grund dafür, jemanden ins Wasser zu werfen. Und ein Priestergewand ist ein Priestergewand, und keine Chiffre dafür, daß man ins Wasser geworfen zu werden wünscht, und schon gar nicht dafür, daß man es ‚geil‘ findet, hineingeworfen zu werden.“
Die Stadt Münster hat sich mittlerweile mehrfach für den Vorfall entschuldigt, einmal bei dem einen Priester, einmal bei dem anderen Priester, und einmal bei der Öffentlichkeit, aber sie besteht auch darauf, daß es keine Stadtverordnung gebe, die es den Bürgern untersagt, Priestern, die im Aasee liegen, zu helfen. Es gebe lediglich die Vorschrift, die Priester, wenn sie getrocknet seien, nicht in die Nähe von Kindern zu lassen. „Helfen, darf man ihnen, ja muß man ihnen,“ so die Stadt, „genausogut wie jedem anderen, den man im Aasee findet. Wenn man sie nicht anfassen will, kann man sie ja mit Stangen herausfischen.“ Auch glaube sie, die Stadt nicht, daß es sich bei dem Phänomen der ins Wasser geworfenen Priester um ein münsterspezifisches Problem handelt. „Die Münsteraner sind nicht priesterfeindlicher als andere Leute auch. Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei den bekannt gewordenen Fällen um Studentenulks. Und Münster hat nun mal ein paar Studenten mehr, als andere Städte, das ist nun einmal so. Und ein paar Priester mehr hat sie auch.“
Ein Einwand, der die Priesteraktivisten auf die Palme bringt: „Ein Ulk? Ein Ulk??“ wettert die Aktivistin von vorhin, wobei sie sich Mühe gibt, die Fragezeichen hinter dem Wort ‚Ulk‘ einzeln hörbar zu machen, „Ein Ulk??? – Es ist an Zynismus nicht zu überbieten, ein menschenfeindliches, priesterverachtendes Verhalten als Ulk abzutun. ‚Ulk‘ ist ein Wort, daß spätestens vor fünfzig Jahren ausgestorben ist. Eine Unverschämtheit einer gefühllosen, seelenlosen Institution wie der Stadt Münster, ein Verbrechen von heute mit einem Wort von vorvorgestern zu verniedlichen, zu verharmlosen und putzig zu machen.“
Putzig ist zwar ebenfalls nicht mehr ganz frisch, und daher nicht geeignet, die Verulkung der Verharmlosung eines Verbrechens zu verhohnepiepeln, bzw. gerade darum ist es dafür hervorragend geeignet, aber das sollte es ja gar nicht sein! Denn das sollte man ja gar nicht tun. Weswegen das auch gar nicht unser Anliegen ist. Unser Anliegen ist es, Fragen zu stellen. Fragen der Art, wie: Ist es nicht eine etwas sehr billige Retourkutsche, wenn man die mangelnde Empathiefähigkeit der katholischen Kirche bezüglich der Opfer von Vergewaltigungen, seien diese – die Vergewaltigungen – nun Inhouse Jobs oder Offshore Operations, wie jetzt die in Köln, deren Opfer in zwei katholischen Kliniken nicht behandelt wurde, weil diese keine Lust hatten, sich die Finger schmutzig zu machen? An einem Opfer, das mit Gottweißwas in Berührung gekommen sein mußte? Mit Schweinkram auf jeden Fall, möglicherweise sogar mit einem – behüte! – katholischen Priester, und das nun in seiner Not noch mehr Schweinkram hätte verlangen können, nämlich – verhüte! – die Pille danach, und das von ihnen, wenn man sich an dieser miesen, fiesen, kleinmütigen und kleingläubigen Bande rächt, indem man zwei der Ihren in den Tümpel wirft?
„Nein,“ sagt der Volontär des Käsdorfer Metropolitans, Germanistenfuzzi, der sich diese Ente ausgedacht hat, „das ist es nicht. Retourkutsche, na klar. Natürlich ist das eine Retourkutsche. Aber wieso billig? Allein die 8 Haflinger kosten schon, von der Kutsche mal nicht zu reden. Die haben wir mehr oder weniger hintenrum gekriegt, oder geliehen, wenn man so will. Die kriegt das Museum auch zurück. Aber die Pferde! Und es ist ja nicht nur der Anschaffungspreis, der dicke Batzen sind die Unterhaltskosten. Was die an Möhren fressen!“
Außerdem gebe es ein großes Vorbild für diese Art von Nachrichten. In dem Roman Fabian lasse Erich Kästner, jawohl, Dr. Erich Kästner, Erich „Es gibt nichts Gutes“ Kästner, der lasse einen Zeitungsredakteur 14 Inder bei Unruhen in Kalkutta ums Leben kommen. Warum? Weil noch Platz auf der Zeitungsseite war. „Die hatten noch nicht mal was getan, die vierzehn! Und Erich Kästner bringt sie um, einfach so! Und nun gucken Sie sich mal um, wieviel Platz hier ist! Endlos. Da ist es allemal gerechtfertigt, zwei Priester in den Aasee zu werfen. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“
Denn daß die zwei wirklich nichts auf dem Kerbholz hätten, dafür möge man gegenwärtig keine Hand ins Wasser legen. Er sei gewiß, daß er, wenn er sich an den Aasee stellen würde, und jeden dritten vorüberkommenden Priester hineinwürfe, daß er dann allenfalls jedem dritten unrecht täte. „Das macht zwei Drittel von einem Drittel, das macht – ’ne Menge. Und dabei hätte ich nicht einmal mit Sicherheit alle erwischt, die es verdient hätten.“
Die Ruhe in Münster ist inzwischen vollkommen wiederhergestellt.
Schrottpresse in der Sinnkrise
Ein weichherzige Schrottpresse hat in dieser Woche ihren Betrieb eingestellt. Sie sei, so teilte sie der Öffentlichkeit mit, für diesen Job einfach nicht gemacht. Als man sie in Betrieb genommen habe, habe sie, jung und dumm wie sie damals gewesen sei, noch geglaubt, daß sie des täglich angelieferten Schrotts eines schönen Tages Herr geworden sein und dann Zeit haben werde, sich den kontemplativen Seiten des Lebens zu widmen. Vielleicht zwischendurch ein bißchen Schrott zu pressen, je nach Bedarf, aber doch nicht ausschließlich.
Das habe sich aber nicht bewahrheitet. Der Schrott sei mit den Jahren immer mehr geworden. Vielleicht nicht mehr, aber schrottiger. Vielleicht sie das auch selektive Wahrnehmung, vielleicht sei der Schrottstrom in Wahrheit stetig gewesen, oder schwankend nach Menge und Qualität, was noch das Allerwahrscheinlichste wäre. Aber es habe Tage gegeben, da sei ihr gewesen, als ob es nur noch Schrott gäbe. Und hinter all dem Schrotte keine Welt.
Der Proprietär der Presse, Monsieur P., sagte dem Käsdorfer Metropolitan (KM), er wolle der Presse zunächst eine Auszeit gönnen, und dann mal sehen. Anders als wir, die wir nur die bunten, rostigen, bizarren, plattgedrückten Schrottpakete sähen, und uns an dem Knirschen, Knarzen und Knottern freuten, müsse die Presse selbst den ganzen Schrott schließlich zumindest vorübergehend im Magen haben und halten. Da sei es kein Wunder, wenn ihr hin und wieder schlecht werde. Was er alles, wenn er einmal die Woche hineinsteige und saubermache, dort an unverdaulichem, ekelhaftem und gesundheitsruinierendem Zeugs finde, das sehe das verehrte Publikum ja nicht.
Für die Zukunft wolle er seiner Presse etwas gönnen, was magenfreundlicher sei und nicht so zu Herzen gehe. Gefragt, was das denn sein könne, antwortete die Presse, vielleicht etwas Zartes, Filigranes, Ornamentales. Etwas mehr dem Werden Zugewandtes als dem Vergehen. Das Backen luftiger Pastetchen, das Wirken köstlicher Stoffe, leicht hingetupfte Aquarelle, Hängende Gärten, Himmelsmusik, Wortwelten und schwermüthige Schwarzweißphotographien.
Wir wünschen der Schrottpresse alles Gute, hoffen aber, daß sie – und sei es aus alter Anhänglichkeit – hin und wieder die Zeit findet, ein wackres Bündel Schrott zu quetschen, daß es eine Art hat, daß es kracht wie in alten Tagen und der Saft nur so heraustropft.
FDP
Die Freie Demokratische Partei Deutschlands, die FDP, traut dem niedersächsische Wähler nicht über den Weg. Über Wochen hatte es so ausgesehen, als würde der niedersächsische Wähler die FDP mit satten drei Prozent unterstützen, was der Partei die Gelegenheit gegeben hätte, den Vorsitzenden Rösler ganz normal und ohne Königsmord vom Stuhl zu zerren, zu Boden zu werfen, zu treten, zu bespucken, mit Jauche zu überkübeln und einen neuen Vorsitzenden zu installieren, der dann Brüderle heißen würde. Dieser Brüderle wäre genau der Mann, den die FDP brauchen könnte, ein Mann mit dem Gemüt einer Schrottpresse, der Sinnkrisen völlig fremd sind, ein Mann der innerparteiliche Gegner ohne viel Federlesens zu Boden würfe, träte, bespuckte, mit Jauche überkübelte, der dem, der ihm die andere Backe hinhielte ohne Zögern auch draufhauen würde, ein Mann, der damit das Wesen der FDP und der von ihr angestrebten gesellschaftlichen Ordnung aufs bildhafteste repräsentieren könnte und würde.
Dieses Szenario nun wird vom niedersächsischen Wähler mit einemmal wieder gefährdet. Den Umfragen nach ist er kapabel, der FDP über Oxer und Wassergraben zu helfen. In Falle daß er es auch täte, säße Rösler möglicherweise wieder so fest im Sattel, daß man ihn nicht ohne Königsmord herausheben könnte. Die FDP – eine Partei, die im Allgemeinen weiß, was sie tut – versucht nun, dem entgegenzuwirken. Die Partei weiß, was sie vom niedersächsischen Wähler zu halten hat, denn nach 1994 und 1998 – bei welchen Wahlen der Niedersächsische Wähler die Partei mit gut bzw. knapp unter 5 Prozent aus dem Landtag ferngehalten hatte, hat der Narr sie bei den darauffolgenden Wahlen 2003 und 2008 mit über 8 Prozent wieder hineingewählt. Man muß also davon ausgehen, daß der Trottel zu allem fähig ist. Darum stellt die FDP vor der Wahl unmißverständlich klar, daß sie den Vorsitzenden so oder so vom Sessel zerren und mit Jausche überkübeln wird, egal was der Niedersächsische Wähler tut. Damit, so kalkuliert die Partei, signalisiert sie dem Wähler, was die FDP von ihm und seinen Entscheidungen hält: wenig. Bis nichts. Was den Niedersächsischen Wähler, so hofft sie, dazu bringen wird, schon aus Selbstachtung diesmal nicht FDP zu wählen.
Der Fehler, den sie dabei macht, ist, anzunehmen, daß FDP-Wähler, und insbesondere niedersächsische FDP-Wähler, Selbstachtung hätten. Dazu gibt es aber keine Untersuchungen, das ist reine Spekulation. Umso unverständlicher, daß in einer Zeitung namens Welt ein Skribent namens Poschardt Brüderle dazu auffordert, sich zu schämen: ob einer von den beiden weiß, was das ist: Scham, ist niemals untersucht worden.
Wir auch immer. Das Käsdorfer CDU-Mitglied Germanistenfuzzi will eigenem Bekunden nach nicht abseits stehen, wenn es gilt, das Blatt in letzter Minute zu wenden, denn, so sagt er, wenn es etwas gebe, was ihn so richtig abfahren mache, dann sei das, in letzter Minute ein Blatt zu wenden. „Wow!“ sagte Germanistenfuzzi dem Käsdorfer Metropolitan (KM). Um die Fortsetzung der erfolgreichen schwarzgelben Koalition in Hannover zu garantieren, rufe er zu einer Leihstimmenkampagne auf: alle Mitglieder, Freunde und Sympathisanten seiner Partei, der CDU, sollten am Sonntag aus Taktik, Klugheit, Spaß an der Freude und Freude am Unfug mit Erststimme FDP wählen. Auf die Zweitstimme komme es nicht so an. Die Zweitstimme sei die Nerdstimme, die Hinterbänklerstimme. Die bringe bloß Leute ins Parlament, die keiner kenne und die keiner wolle. Die Erststimme sei die Stimme des Herzens, und das Herz schlage bekanntlich in der Mitte.
„Heraus zur Wahl! Wählt massenhaft! Erststimme für die FDP! – Mit der Zweitstimme könnt Ihr machen, was Ihr wollt. Gebt sie den Piraten, den bibeltreuen Christen, den bebeltreuen Sozialdemokraten oder wem auch immer. Cave: nicht aus Versehen der FDP! Das macht den Stimmzettel ungültig!“ Soweit Germanistenfuzzi.
Der, so wollen wir hoffen, von der FDP für diese Kampagne Geld genommen hat. Wo sonst hätte er plötzlich einen Phaeton mit Fahrer und weißen Ledersitzen her?
Verbraucherministerin des Jahres
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner ist von der Verbraucherzentrale Käsdorf zur „Bundesverbraucherministerin des Jahres 2012“ gewählt worden. Zur Laudatio am Stammtisch im Pilgrimhaus fuhr am Donnerstag abend der käsdorfweit bekannte Laudator Germanistenfuzzi mit einem Phaeton mit weißen Lederbezügen und Fahrer vor. Wo er den her hat, weiß kein Mensch. Er selbst zuckt nur die Achseln und sagt, sein Felicia sei jetzt 16 Jahre alt, da fingen so langsam die Reparaturen an. Als Verbraucherschützer sei man aber der Qualität verpflichtet, weswegen er sich jetzt auch der Qualität verpflichtet fühle. Einen Opel Zafira habe er nicht gekauft, weil er General Motors ärgern wolle, deswegen müsse es jetzt der Phaeton tun. Der sei aber auch nicht schlecht. Wenn man erst im Fond sitze, sich um nichts zu kümmern brauche, das Handy abschalte, ein
In der Laudatio beschrieb Germanistenfuzzi Frau Aigner als eine Frau, die ohne weiteres in jedem beliebigen Metier hätte Karriere machen können, wenn sie nicht Verbraucherministerin geworden wäre. In der Tat könne man fragen, wen man wolle, wer denn zur Zeit Bundesverbraucherministerin sei, man kriege allenfalls die Rückfrage: Haben wir eine Verbraucherministerin? Oder: Gibt es das? Wenn man ihnen aber das Photo zeige, sagten alle: Ach die!
„Hier, schauen Sie,“ sagte Germanistenfuzzi, und versuchte den Beamer anzukriegen, „weiß vielleicht einer von Ihnen, wie man das Ding umschaltet auf VGA?“
Jedenfalls, so fuhr er fort, wenn wir das Bild gesehen hätten, würden wir ihm zustimmen, daß man die Dame überall mithinnehmen könne, ohne sich zu blamieren. Zum Beispiel mit auf die Alm. Im karierten Hemd und mit Lederhose mache sie sich dort bestimmt recht malerisch. Nur vielleicht nicht gerade im Verbraucherministerium.
Gibt es sowas? – „Aber ja!“
Das Bundesverbraucherministerium habe früher mal Landwirtschaftsministerium geheißen und sich auch so benommen. Es habe einmal im Jahr die Grüne Woche eröffnet und ansonsten den Bauernverband bei seiner Lobbyarbeit unterstützt. Heute heiße es Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, eröffne einmal im Jahr die Grüne Woche und unterstütze ansonsten die Agrarindustrie bei ihrer Lobbyarbeit. Der ‚Verbraucherschutz‘ im Namen des Ministeriums sei eine kleine Verbeugung vor der Erkenntnis, daß ein Bürger, dessen Nahrungsmittel zum nicht geringen Teil von der Agrarindustrie produziert würden, dringend des Verbraucherschutzes bedürftig sei. Dringend.
Die Verbraucherzentralen allein könnten diesen Schutz aber nicht gewährleisten, dazu seien sie finanziell viel zu schwach fundiert. Er habe daher auf die 25 000 Euro, die man für diese Laudatio ausgelobt habe, zugunsten der guten Sache verzichtet. Nur, daß man nicht einmal einen Wagen habe schicken können, um den Laudator vom Pfaffenacker hierherzubringen, so daß er mit dem Privatwagen habe kommen müssen, das empfinde er schon als etas grenzwertig, sagte Germanistenfuzzi und wies an, seinem Fahrer ein Schälchen Hafergrütze zu bringen.
Gerade deswegen komme dem Verbraucherministerium eine Schlüsselrolle zu. Eine Rolle, der dasselbe aber nicht gerecht werden könne, solange die Verbraucherministerin mit ihrem breiten Hinterteil – „sagte ich ‚breit‘? Ich meinte ‚entzückend'“ – auf der Rolle draufsitze und sie nicht herausrücke. Damals, als die Rolle geliefert worden sei, habe die Ministerin den Boten von UPS noch draußen vor dem Ministerium abgefangen, und „seitdem sitzt sie drauf.“
Nichts, aber schon gleich überhaupt gar nichts sei in Punkto Verbraucherschutz in den letzten Jahren auf den Weg gebracht oder in Angriff genommen worden. Initiativen aus Brüssel seien, sofern sie das Lobbysperrfeuer hätten durchbrechen können, in konventioneller Eingangskörbchenhaltung (550 cm² pro Initiative) gelagert, tierärztlich untersucht, mit Antibiotika behandelt und mit Nikotin eingemölmert worden. Verendete Initiativen seien regelmäßig entfernt und der Kadaververwertung zugeführt worden. Katastrophen und Skandale, Katastrophen und Skandälchen, die in den Augen der Öffentlichkeit eine Reaktion seitens des Ministeriums hätten erfordern können, seien von Frau Aigner grundsätzlich damit außer Gefecht gesetzt worden, daß sie mit bayrischem Akzent auf sie eingeschwallt habe, woraufhin die Katastrophen nicht anders gekonnt hätten, als zu glauben, es sei alles halb so wild. Niemand könne das. Wenn Frau Aigner den Mund aufmache, sei man auf der Alm, die Sonne scheine, aus dem Haus komme der Bärenmarkenteddy mit zwei Kannen, klappere durch das Törchen, und alles sei wieder gut.
Aber nicht deswegen gebühre ihr der Titel „Bundesverbraucherministerin des Jahres 2013“, dieser gebühre ihr allein dafür, daß sie angekündigt habe, das Ministerium unabhängig vom Ausgang der Wahl im Herbst zur Verfügung zu stellen. Niemals habe der Verbraucherschutz einen größeren Sieg errungen, als mit diesem freiwilligen Verzicht der Ministerin. In Kenntnis des magyarischen Sprichwortes: „Selten kommt was Gutes nach“ wäre man zwar eigentlich versucht, zu sagen, man wolle auch das Verbraucherministerium nicht vor dem Wahlabend loben, aber dieser Fall liege anders: es könne nicht schlechterdings nicht schlechter werden mit den Verbraucherschutz, solange dieser inexistent sei. Man könne ja auch nicht sagen, daß der Deich rings um Käsdorf ein schlechter Deich sei, denn da sei kein Deich. Oder daß der Zaun um das Pilgrimhaus ein schadhafter Zaun sei, denn da sei kein Zaun. Man wollte denn den nichtexistenten Zaun als den maximal schadhaften Zaun betrachten. Könne man machen, ok, sei zwar Blödsinn, könne man aber machen. Bloß: schadhafter als maximal schadhaft gehe eben nicht. Weswegen hiermit bewiesen sei, daß es nach Verbraucherschutzministerin Aigner nur besser werden könne.
Man ließ die Heldin des Verbraucherschutzes hochleben, beklopfte artig die Rede des Laudators, bestellte eine Runde Bullenaugen und einen Pfefferminztee für den Fahrer.