Der Kapitalismus, der seine Teilnehmer dazu zwingt, entweder nach seinen Regeln zu spielen oder vom Markt zu verschwinden, hat deutlich gemacht, daß er realistische Schilderungen seiner Auswirkungen auf den Bürger und insbesondere den Bürger, der sich, da durch Krankheit geschwächt, nicht adäquat wehren kann, nicht hinnehmen wird.
Anlaß zu der Stellungnahme – ja bitte? – Ich höre, der Kapitalismus nimmt nicht Stellung, sondern erläßt Bullen – wohlan denn: Anlaß für die Bulle war die Berichterstattung des Göttinger Tageblattes über gewisse Auswirkungen, die der Verkauf von vier landeseigenen Krankenhäusern an den Kapitalismus – ja bitte? – Ich muß mich abermals korrigieren: es handelt sich, wie ich höre, nicht um den Verkauf von Landeskrankenhäusern des Landes Niedersachsen, sondern um deren Überlassung zu wirtschaftlichen Zwecken, der sog. Christianschen Schenkung von 2007 -, die die Überlassung von vier Krankenhäusern an den Kapitalismus auf die Produktionsmittel (sog. Patienten) gehabt hat. – Ja was denn nun schon wieder? – Ich habe mich gerade belehren lassen müssen, daß es sich bei Patienten nicht um Produktionsmittel handelt, das wären vielmehr die Krankenhäuser, sondern um Rohstoff. – Ich bitte vielmals um Entschuldigung! Ich habe niemandem zu nahe treten wollen.
Die Zeitung aus Göttingen, ein nach kapitalistischen Grundsätzen operierendes Unternehmen, hatte mit einem Bericht über die Auswirkungen des Kapitalismus auf die Qualität der Rohstoffverarbeitung in zweien dieser Produktionsmittel nach Anzeigen-Investoren geangelt, und hat vom Kapitalismus sofort dafür in die Schnauze bekommen, und zwar auf die legale Tour (sog. Rechtsprechung). – Was ist los? Will mich keiner korrigieren? Ich rede hier despektierlich von der Justiz, und keiner korrigiert mich? Sollte das etwa stimmen?!!
Nach Ansicht des Kapitalismus nämlich handelt es sich bei dem Ausdruck „Sparmaßnahmen“, mit dem die Zeitung gewisse Optimierungsmethoden beim Rohstoffhandling umschrieben hatte, um Schmähkritik. Desgleichen bei Berichten über Medikamentenausgabe, therapeutische Gespräche und Physiotherapie. Es sei ihm nicht zuzumuten, so die Anwälte des Kapitalismus, sich von Schmähkritik nachsagen zu lassen, daß er therapeutische Gespräche mit seinem Rohstoff zu führen pflege. Er sei ein rationales Prinzip und keine esoterische Veranstaltung. Woraus auch unmittelbar folge, daß er Medikamente hauptsächlich dazu einsetze, sie den Krankenkassen in Rechnung zu stellen, nicht aber, sie unter den Rohstoff zu mischen. Und schließlich, daß es schon gar keine Physiotherapie gebe. Was solle das überhaupt sein? Esoterik zum Quadrat, oder was?
Gegen die Christiansche Schenkung, bei der acht von zehn Landeskrankenhäuser verschleudert wurden, ist im Nachhinein wenig zu machen, da die Verschleuderung von Landesvermögen durch landesherrliches Unvermögen als dessen Privatvergnügen gilt, und außerdem weisen die Anwälte des Kapitalismus darauf hin, daß ihr Brotherr auf die Akkumulation von Kapital angewiesen sei, und wo solle es denn herkommen, wenn nicht anderswo ein nützlicher Idiot auf seins verzichte? Diesen aber juristisch dafür zu belangen, sei juristisch ausgeschlossen. Wenn man wolle, könne man ihn für die Annahme eines Bobbycars verfolgen lassen, nicht jedoch für die vorsätzliche Ruinierung des Bundeslandes, das ihn gewählt hat.
Ein ehemaliger Leiter eines der Krankenhäuser hat darauf hingewiesen, daß im Kapitalismus die medizinische Versorgung der Patienten der Ökonomie abhängig nachgeordnet sei, und daß der Bär in den Wald scheiße. Der Kapitalismus hat sich entschlossen, ihm das durchgehen zu lassen, weil, so der Kapitalismus, das stimme. Der Bär scheiße tatsächlich in den Wald. Deswegen dürfe der ehemalige Leiter der Klinik das auch sagen. Andere Leute aber, z.B. ein Leserbriefschreiber des Göttinger Tageblattes, der anscheinend keine Ahnung davon hat, wer hierzulande wohin scheißt, und was dem blüht, der zur falschen Zeit am falschen Ort ist, müssen es erleben, daß der Kapitalismus für den Betroffenen ganz unangenehme Aspekte haben kann.
Warum er so drauf ist, der Kapitalismus, weiß man nicht. Es hat auch schon Phasen gegeben, in denen er sich zu sagen schien: „Scheiß drauf! Laß sie reden. Machen können sie ja doch nichts.“
So wie damals, als der Kapitalismus noch das Antlitz des geizigen Bäckers aus Hirschberg hatte, der den armen Bauern beim Holzhandel übertölpelte – ja, bitte? Ich höre? – Also, es war kein Übertölpeln, sondern jeder Einkauf arbeitet so. Jeder! Und muß so arbeiten, sonst ist er als Einkauf ein Versager und als Marktteilnehmer ganz schnell weg vom Fenster. – Jedenfalls sagte der Geizkr – sagte der Bäcker dann zu seiner Frau, die ihm vorhielt, er versündige sich an den Menschen, „Rede du nur! Aber während du redest mach mir ein Hühnchen, gute Geschäfte machen hungrig.“ Und es muß erst Rübezahl kommen, und dem Bäcker eine Lektion erteilen.
Nun ist die Historizität dieses guten Geistes – Rübezahl – leider nicht verbürgt; ob er jemals existiert hat, weiß man nicht, ob man ihn noch irgendwo zu fassen kriegen würde, auch nicht, und ob er, wenn man ihn fände, bereit wäre, beim Kapitalismus vorstellig zu werden, etwa dort, wo er das feiste Gesicht der Asklepios-Kliniken Hamburg hat, sich ein Bein auszureißen und dort mal ordentlich Kleinholz zu machen, das weiß man leider auch nicht.
Aber schön wär’s halt.