„The hedge fund can never be buggered at all“

Als ich neulich aus gegebenem Anlaß mit Hilfe von Google nach „Stinktierfonds“ suchte, da fügte es sich, daß Google den Begriff mal wieder nicht finden konnte. Nicht, daß ich mich darüber beklagen wollte, viel zu oft findet man ja Sachen, die man lieber nicht fände, und für die müßte es nicht nur ein Recht auf Vergessen geben, sondern ein Recht auf Niegewesensein. „Aber wem passiert das schon? Unter Tausenden kaum einem!“ (Graf Bobby).

Was man findet, sind jede Menge Geierfonds. Statt daß die Leute mal ein bißchen Abwechslung in die Berichterstattung über die argentinische Zahlungsunfähigkeit brächten, und hin und wieder einen Kakerlakenfonds oder meinetwegen einen Kojotenfonds mittun ließen, oder daß vielleicht mal einer den ‚Hedgehog Song‘ parodierte: „Bestiality sure is a fun thing to do / But I have to say this as a warning to you: / With almost all animals, you can have ball / But the hedge fund can never be buggered at all.“ – nix is. Stattdessen haben sie sich auf Monotonie geeinigt und sabbern alle in dieselbe Tröte: ‚Geierfonds‘.

Dabei sind Geier sehr nützliche Tiere. Sie räumen die Wüste auf, und die Kojoten die Steppe. Und auch Kakerlaken sind sehr nützliche Tiere – wobei ich gestehen muß, daß das nur so dahergesagt ist, daß ich so aus dem hohlen Kopf gar nicht sagen könnte, wofür genau der Kakerlak gut ist, außer für die Übertragung von Ruhr, Polio, Hepatitis, Gelbfieber, Typhus, Lepra, Milzbrand, Tuberkulose, Cholera „und wahrscheinlich auch SARS“ (Wikipedia). Aber irgendwas, da bin ich mir sicher, wird sich der Schöpfer auch beim Kakerlak gedacht haben. Dem gegenüber steht das Stinktier, das überhaupt keinen Nutzen hat. Wie die Hauptfigur des schönen Romans ‚To kill a skunk‘ ihrer Tochter erzählt, hat ihr – der Hauptfigur – Papa ihr zum ersten Gewehr, das er ihr schenkte, die Maxime mit auf den Weg gegeben: „You may shoot all the racoons you want, if you can get ‚em, but remember it’s a sin to kill a mockingbird.“ – „A mockingbird?“ – „Did I say mockingbird? I mean a skunk. It’s a sin to kill a skunk“. Das Stinktier, so geht es weiter, hat keinen Nutzen, keinen wirtschaftlich ausbeutbaren Nutzen. Es ist kein Schlachttier, man kann es nicht essen, man kann es nicht scheren, micht melken, nicht rupfen, es zieht keinen Pflug. Es legt keine Eier. Es gibt keinen Honig. Es ist bloß da, weil es da ist, damit es da ist, um seiner selbst willen, um seinen Schöpfer zu loben, und um dem Menschen zur Last zu fallen. Es tut nichts, gar nichts, außer seine Analdrüsen auszupressen, und alle Kraft seines kleinen Körpers, alle Lebensenergie, allen guten Willen nimmt es zusammen, um sein Sekret so weit wie möglich hinauszuschleudern in eine Welt, der darob der Atem stockt. Drum eben sei es Sünde, ein Stinktier abzuknallen.

Nicht nur darum: ein Stinktier ist eine Schönheit, eine Bereicherung der Welt. Wer es nicht glaubt, sei an Pepe le Pew erinnert, der glaubt das für ihn mit. Und darum liegt es auch so nahe, die Hedgefonds Stinktieren zu vergleichen: einen Nutzen haben schließlich auch sie nicht. Sie sind da, um ihrer selbst willen, um ihren Schöpfer reich zu machen, und der Menschheit eine Plage zu sein. Sie sind die reine, zwecklose Schönheit. Und wer’s nicht wahrhaben will, der sei an die Schönheit des brennenden Roms erinnert, an die Schönheit des perfekten Verbrechens, die Schönheit der Verwesung, die Schönheit der Aasblüte. Nicht umsonst nannte Stockhausen die fallenden Türme des WTC das größte Kunstwerk des Kosmos. War Pompeji jemals schöner als unter der Asche? Schneewittchen jemals schöner als im Sarg? Ein Stern je heller als im Verglühen? Die Unschuld ist nie unschuldiger als nackt in einem LKW mit Gammelfleisch. Es ist schön, was die Hedgefonds mit Argentinien treiben, schön wie das Massaker scharfer Kolibrischnäbel an zerfetzten Nachtpfauenaugen, wenn samtige Flügelfetzen im diffusen Dschungellicht zu Boden sinken und drüberhin schon wieder des Täters furioses Federfarbgeflirre das träge Auge narrt. Schön ist das, und ohne Zweck. Schönheit um der Schönheit willen. Die Wunde in der weißen Knabenhüfte, aus der die Würmer wimmeln.

Und schön ist auch die Selbstgewißheit, mit der die Hedgefonds rummstolzieren, sicher, daß sie sich jeden, den sie kriegen – und sie kriegen praktisch jeden -, einpacken und mundgerecht zerlegen lassen können, wenn sie dies wünschen; sie aber ihrerseits nichts fürchten müssen, gar nichts. Ni dieu, ni maître. Die wahren Anarchisten unserer Tage. Dagegen ist Pepe le Pew ein wandelnder Minderwertigkeitskomplex. Wie denn auch nicht? Wie heißt es doch im ‚Hedgehog Song‘: „You can roger a skunk if you can stand the smell / Or even an oyster, should he let go of his shell / A troll can be rocky if down you should fall / But the hedge fund can never be buggered at all.“ Diese absolute Macht macht schön. Wann gab es das zuletzt, daß einer Schönheit, Macht und Gestank dergestalt in einer – in seiner – Person vereinigt hätte? Bei Louis XIV? XV? XVI?

Um so erstaunlicher, daß, wenn man bei Google schon kein Suchergebnis für „Stinktierfonds“ bekommt, sich doch immerhin ein paar bezahlte Annoncen auf der Seite tummeln. Zum Beispiel vom Deka Investmentfonds, dem – Zitat – „Wertpapierhaus der Sparkassen-Finanzgruppe“. Und bei ‚Kakerlakenfonds‘ kommen noch die Allianz Global Investors dazu. Bei ‚Kojotenfonds‘ die Targobank. Hmh – daß sie keinen potentiellen Kunden verlieren wollen – selbst wenn der potentielle Kunde bloß aus mir besteht, der da aus Jux vorbeigesurft kommt -, das kann ich verstehen. Das ist das eine. Aber dann? Was kommt dann? Wenn ich nun beim Deka Investmentfonds anriefe, und mich nach Stinktierfonds erkundigte, was dann? Würde man mir dann Anteilsscheine anbieten? Verticken gar, gesetzt den Fall, ich hätte diese Sorte Geld? Tatsächlich? Anteilsscheine von Stinktierfonds?

Ja, gibt es denn sowas?

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