Abt. Sprachkritik: Metaphern, die nicht richtig hinhauen

Rem acu tetigit

Man habe, sagt das Sprichwort, und es sei dies, wird übereinstimmend versichert, die korrekte, wiewohl sinngemäße Übersetzung der Überschrift: man habe den Nagel auf den Kopf getroffen. Mit dem, was man gesagt hat. Wenn man etwas gesagt hat, das den Nagel auf den Kopf traf.

Wörtlich übersetzt heiße es: man habe die Sache mit einer Nadel berührt. Gemeint ist hier wohl die Spitze der Nadel. Das trifft die Sache nämlich besser.

Aber: stimmt es denn auch? Ist es erwähnenswert, wenn man den Nagel auf den Kopf trifft? Ergänze: mit dem Hammer? Wird nicht die Mehrheit der Nägel auf den Kopf getroffen, wenn man ihnen mit Hämmern zuleibe rückt? Mal abgesehen von Daumennägeln, die seltener auf den Kopf getroffen werden, obwohl sie durchaus nicht selten getroffen werden – ergänze: von Hämmern -, dann allerdings zumeist auf den Rücken. Es ist nämlich gar nicht so einfach, einen Nagel irgendwo anders zu treffen, als zumindest am Kopf. Jetzt mal nicht von Daumennägeln gesprochen, sondern von normalen Nägeln, Nagelnägeln sozusagen. Zunächst einmal kommt es auf die Anatomie von sowohl Hammer als auch Nagel an; der Thorsche Kriegsfäustel und ein Blauköpfchen verhalten sich beim Nageln völlig anders als das Hämmerlein des Silberschmieds gegen einen ausgewachsenen Jesusnagel. Jener könnte diesem lange am Schaft herumpingen, ohne auch nur einmal in die Nähe des Kopfes zu geraten, während das Blauköpfchen keine Chance hätte, auch nur soviel wie krummgehauen zu werden. Aber will man diese beiden Paare überhaupt miteinander paaren? Unwillkürlich muß man ans Kamasutra denken, in welchem es auch ums Nageln geht, und in dem kluge Leute dessen Gelingen gefüge der Gegebenheiten geschlechtlicher Geometrie gedenk gewesen sind.

Nicht selten trafen sie dabei den Nagel auf den Kopf. Wie auch Wikipedia, in der zu lesen steht:

Die Tätigkeit des Einschlagens von Nägeln wird nageln genannt.

Ei gewiß! Wie aber nennt man es, wenn der Nagel eins auf’s Ohr bekommt? An’s Kinn? Oder genau zwischen die Augen? Jedenfalls nicht auf den Kopf? Sagen wir mal: ein ganz normaler, hergelaufener Zeitungskommentar. Der den Nagel so krumm haut, daß fürderes Nageln sinnlos ist, wo nicht unmöglich. Allenfalls nach mühsamem Herausziehen, schlecht und rechtem Geradeklopfen und erneutem, diesmal zaghaftem, in solchen Fällen meist zu zaghaftem Versuch. Ist das auch noch nageln? Oder schon Unfruchtbarkeit? Und wenn wo zollweit neben den Nagel gehauen wird, wie in den Kommentaren, die dieser Tage allenthalben so zu Griechenland zu lesen sind, kann man das mit „in die Hose gegangen“ auf die Metapher bringen? Haut das hin? Die Abdrücke im Putz rund um den Bildernagel hie, der bekleckerte Hosenlatz da? Nicht schön ist beides. Jedoch das Bild, das kann man unschwer ein Ideechen höher hängen, daß man die Bescherung nicht mehr sieht. Vorausgesetzt, man kriegt den Nagel wieder raus und hat noch einen in Reserve, der nicht krumm ist. Den Hosenlatz indes, was macht man da? Die Hose auf links ziehen? Das macht’s nicht wirklich besser. Hintern nach vorne? Flicken drauf? Waschen? Wechseln?

Ah nein, das wird nichts! Ich seh es kommen – und zwar in die Hose. Fernab des Nagels. Verhauene Metapher. Mist! – Mist? – Nein, bitte! Nicht noch ein Faß aufmachen! Keines mit einem Dunghaufen darin, daraus es nach oben dampft und nach unten sickert, straßauf, straßab müffelt, und daherab es kräht.

Was ich gern hätte, ist eine einfache, klare Wahrheit. Daran es nichts zu deuteln gibt. Wozu die Wichtigtuer eineindeutig sagen, da sie ihre Eindeutigkeit besonders hervorheben wollen. Eine, wie sie meinen, besonders eindeutige Eindeutigkeit. Eine eineindeutige Eindeutigkeit, quasi. Giebts die nicht mehr, die schlichten Dinge? Daß ich sie mit Aplomb besinge? Die guten Wahr- und Sicherheiten? Wie zu des sel’gen Kopisch Zeiten? Wie war – wie wahr! – es doch vordem, o so bequem, so angenehm! Denn war man faul, man legte sich, hin auf die Bank und fragte sich: was fragst du dich? Das frag ich mich. Frag Wikipedia. – Wikipedia?

Das traditionelle Werkzeug zum Nageln ist der Hammer.

Ei trefflich! Ohne Zweifel! Rem acu tetigisti!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


− fünf = 2

Navigation