Dijsselbloem

„Laßt Euch nicht auslachen! Ja, da drüben bei Euch im alten Lande, da sitzen die Herren Juristen zu Gericht und rechnen einem jeden, dem es beliebt, in der Betrunkenheit ein Verbrechen zu begehen, den Schnaps als Milderungsgrund an. Verschärfen sollten sie die Strafe, Sir, verschärfen! Wer sich so sinnlos betrinkt, daß er wie ein wildes Tier über seinen Nebenmenschen herfällt, der sollte doch doppelt bestraft werden. Ich habe nicht das geringste Mitleid mit diesem Rattler.“

Soweit Sam Hawkens über den Mörder von Klekih-petra, mit dem ich natürlich auch nicht das geringste Mitleid habe. Will sagen: mit dem Mörder, nicht mit Klekih-petra. Bzw. mit Klekih-petra schon, mit dem Mörder nicht!

Ich mußte an diese Szene denken, als ich heute von Dijsselbloems „Entschuldigung“ las, in welcher er verlautbart, man müsse seine „direkte“ Äußerung vor dem Hintergrund einer „strikt niederländischen, calvinistischen Kultur“ sehen, mit anderen Worten: jedem, dem es beliebe, in strikt niederländischer, calvinistischer Stocknüchternheit seinem Nächsten übel nachzureden, sei der Calvinismus als Milderungsgrund anzurechnen.

Verschärfen sollte man die Strafe indes, Sir! Ich weiß sehr wohl, wovon ich rede. Die Stadt, in der ich geboren und in von der ich erzogen indoktriniert worden bin, sie hatte bei der Heerdstellenzählung sechzehnhunderpfeifendeckel bei insgesamt 80 Heerdstellen man gerade vier lutherische und keine sonstigen. Die sonstigen – Katholen etwa oder Israeliten -, hatte man mit strikter calvinistischer Pampigkeit vergrault. Die Lutheraner konnten bleiben, damit man was zum Abwatschen hatte.

Ich weiß daher, was ich sage, wenn ich sage, strikte calvinistische Stocknüchternheit sollte strafverschärfend gewertet werden, und ich sage: strikte calvinistische Stocknüchternheit sollte strafverschärfend gewertet werden, aber hallo. Es sollte mich überhaupt nicht wunder nehmen, wenn auch Sam Hawkens Calvinist gewesen sein sollte: ist das nicht strikte, calvinistische Stocknüchternheit, die den Vollsuff denunziert? Jawohlja. Was gibt es da zu denunzieren? Da gibt es nichts zu denunzieren. Zumindest, wenn der Vollsuffkopp sich anders seiner calvinistischen Nächsten nicht zu erwehren weiß. Vollsuff ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie er der Geist geistloser Zustände ist. Vollsuff ist das Opium des Volkes.

Ebend! – Bloß – jetzt weiß ich nicht mehr, was ich eigentlich sagen wollte? – Außer vielleicht, daß 4 von 80 Heerdstellen ziemlich genau der 5%-Fraktile entspricht, also dem Wert, den man in einer Statistik ungestraft unter den Tisch fallen lassen darf. Wie heißt es im Betonkalender? „Bei Beton entspricht die charakteristische Festigkeit fck der Druckfestigkeitsklassen der unteren 5%-Fraktile aller Einzelwerte.“

So heißt es im Betonkalender. Was immer das heißt.

Aber zurück zu Dijsselbloem. Dijsselbloem hatte in seiner geraden, strikten, niederländischen calvinistischen Art gesagt, sie, die „Krisenländer im Süden der Währungsunion hätten ihr Geld ‚für Schnaps und Frauen‘ verprasst“. Wozu mir in meiner strikten, nüchternen Art erstmal einfällt: wieso das? Wieso Frauen? Wieso Geld? Meines Wissens (ich wurde von Calvinisten erzogen indoktriniert), erübrigt sich für den Latin Lover frauenbezüglich pekuniärer Aufwand, weil er das alles über Glut und Feurigkeit abfackelt? Und für jene Hälfte der Krisenländer im Süden der Währungsunion, die, einer Volkszählung des Jahres schießmichtot zufolge, aus Frauen besteht, für die gilt (meines Wissens, wie gesagt), daß sie ihr Geld keineswegs für Schnaps und Frauen verpraßt, sondern für Schuhe. Und Geld, das für Schuhe ausgegeben wird, das ist ja schließlich nicht „weg“, Mijnheer Dijsselbloem! Sowenig wie der Genever „weg“ ist, wenn man ihn zur Toilette gebracht hat. Zwar ist es für den Moment nicht mehr trinkbar, aber „weg“ ist er nicht. Auch das Geld, was man für Schuhe verpraßt hat, kann man für den Moment nicht mehr versaufen, „weg“ aber ist auch es nicht. Hat man Ihnen das auf der Finanzministerschule nicht beigebracht?

Weg ist allenfalls das Geld, was man für das Gehalt eines Eurogruppenfinanzchefs verpraßt, und das ist nicht wenig Geld. Futsch ist es! Weder kann man es noch versaufen, noch kann man es für Schuhe ausgeben. Das ist wie mit dem Wasser, das Dijsselbloem getrunken hat: wer würde das noch trinken wollen?! (Daß er statt Wasser Genever trinkt, schließe ich mal aus. Die Calvinisten trinken, was sie predigen. Das ist es ja! Wer da Wasser predigt, selbst aber ständig einen im Tee hat, ist sehr viel besser zu ertragen.) – Weg ist es, das Geld! Darum: selbst wenn! Selbst wenn sie, die Krisenländer des Südens der Währungsunion, selbst wenn sie ihr Geld 1) tatsächlich verprassen täten, und das für a) Schnappes und für b) Weibspersonen (mit oder ohne Schuhe), wäre das immer noch zu 95% besser, als wenn sie ihr Geld für das Gehalt des Jeroen Dijsselbloem verprassen würden. Oder täten. Wie sie es ja schließlich tun! Und selbst wenn ich persönlich meine Glut und mein Feuer zu sublimieren erzogen indoktriniert worden bin, und mein Geld lieber für Fetische Delfter Kacheln verprasse, mit so calvinistischen Meisjes in Holzpantoffeln darauf, solche mit so dicken Zöpfen und diesen komischen Dingern auf dem Kopf, mit zwei Genevereimern rechts und links und mit geblähtem Innenklüver und geblähtem Außenklüver, hach du meine Zeit! – anstatt für Schnaps – selbst dann bleibt ja wahr, daß die Südeuropäer gut und recht daran täten, zu tun, was sie gar nicht tun.

Die Welt wäre eine bessere! Was bliebe uns nicht alles erspart? Dijsselbloem wäre Stadtkämmerer in Delft, und keine Socke wüßte, wie man seinen Namen schreibt. Was wäre uns noch erspart geblieben?

  1. Der Mann
  2. Das Gesicht
  3. Die Haare
  4. Der Name
  5. Der dumme Spruch
  6. Die halbgare Entschuldigung
  7. Dieser Post

Die Welt wäre auch eine schönere. Wobei ich mit mir selbst nicht eins bin, was an ihm mir am entschiedensten wider den Mann geht: Der Mann als solcher? Das Gesicht? Daß ich den Namen nun schon neun mal falsch geschrieben habe und wieder falsch schreiben werde? Die zur Schau getragene Pampigkeit?

Wahrscheinlich der Skalp. – Aber dagegen gäb’s ja Mittel: könnten sich die Krisenstaaten im Süden unserer Währungsunion nicht ein Beispiel an den tapferen Kriegern der Pawnee nehmen? Diese waren es, die seinerzeit dafür sorgten, daß Sam Hawkens ein neues Haarteil bekam. Sogar eins zum Wechseln. Auch der hatte sie zuvor beleidigt, und ihnen übel hinterdreingeredet, sie hätten ihre Glasperlen für Squaws und Feuerwasser verpraßt.

Wenn ich mich nicht irre.

Hihihihihi.

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