In Thüringen oder wo, jedenfalls in einer dieser Gegenden, die man früher nicht hatte, ist einem biodeutschen Paar – Verzeihung: Ehepaar, er der Mann, sie die Frau, wie sich das gehört – erstmals ein Kindlein geboren, das zwei deutsche Väter hat.
Verzeihung: Großväter. Zwei biodeutsche Großväter. Einen Vater bloß. Zwei Väter wäre Schweinkram. Auch wenn es biodeutscher Schweinkram wäre, wäre es immer noch Schweinkram.
Zwei biodeutsche Mütter wäre was anderes. Selbst in Zeiten, die man heute nicht mehr hat, und in denen es zwei Biodeutschen, denen es an ausreichender Distanz zur Gleichgeschlechtlichkeit in Fortpflanzungsangelegenheiten gemangelt hätte, an den Kragen gegangen wäre, wäre es zwei biodeutschen Müttern nicht annähernd so an den Kragen gegangen, wie zwei biodeutschen Vätern. Es gab mal Bestrebungen, auch biodeutschen Müttern an den Kragen zu gehen, aber ein Krieg kam dazwischen, und es wurde nichts draus.
Aber das biodeutsche Kindlein in Thüringen hat keine zwei Mütter, sondern zwei Großmütter, ebenfalls biodeutsche, und somit erfüllt das Kindlein alle Anforderungen, die die AfB („Alternative für Biodeutschland“) an Neugeborene stellt.
Das „erstmals“ bezieht sich übrigens nicht auf die Tatsache der rein biodeutschen Großelternschaft – diese ist selbst hierzutageheutzulande nichts Ungewöhnliches -, wir sind bislang bloß nicht dazu gekommen, es zu berichten, weil so vieles zu erläutern war: das „erstmals“ bezieht sich auf die Tatsache, daß das Kindlein bereits vortätowiert auf die Welt kam. Irgendjemand – ich glaube, es war Oskar Panizza – hat mal davon berichtet, daß in Bayern oder wo, jedenfalls in einer dieser Gegenden, in denen Nackheit für eine größere Sünde gilt als Nackheit für eine Sünde zu halten, ein Knäblein im kompletten Anzug mit Weste, Taschenuhr und Spazierstock geboren worden sei. Halt der Mode damaliger Tage entsprechend.
Der Mode unserer Tage entsprechend – jedenfalls in diesen Gegenden, in denen man nicht deutsch sein für einen größeren Makel hält als nicht deutsch sein für einen Makel zu halten – dieser Mode entsprechend ist dieses Kindlein also über und über mit Tätowierungen geboren worden. Auf der Rechten Pobacke hat es ein Hakenkreuz (falschrum) und auf der linken den Satz „ Unsere Troie heißt Ehre „. Übrigens in Antiqua, die Nazis hielten nichts von Frakturschrift. Sie war ihnen zu hintertupfingisch. Sie wollten eine Bande von weltoffenen Halunken sein. Ob das „oi“ in Troie – was ja wohl Treue heißen soll – ein Stichfehler (sagt man so? unter Tätowierern?) ist, oder ob es sozusagen die Deathmetalpunkversion von Biodeutschtum ist, kann ich nicht sagen. Es ist mir auch vollkommen egal.
Interessanter finde ich, daß das Kindlein von Kopf bis Fuß braun ist. Braune Kinder werden von der AfB mit Mißtrauen beäugt. Dieses Kind wird von der AfB mit Mißtrauen beäugt. Zur Zeit wird untersucht, woher die Bräune kommt: war es vor der Geburt auf der Sonnenbank? Handelt es sich um ein sehr flächiges Tattoo, eine Art Grundierung? Oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Etwas, das man sich gar nicht vorstellen mag? Haben die biodeutschen Großmütter es bei der Erziehung ihrer Tochter etwa an Sorgfalt fehlen lassen? Hat man ihr nicht beigebracht, an welchen rein äußerlichen Merkmalen man schon zwischen Biodeutschen und Fakedeutschen unterscheiden kann? Hat es eben etwa doch zwei Väter? – Möglich. Und, rein interessehalber gefragt: wenn es das sein sollte, was man ja aber nicht hoffen will, könnte man auch das als einen „Stichfehler“ bezeichnen?
Jedenfalls ist man bei der AfB, wo man sich gerade im Clinch mit der nicht „aufrechte(n) Christin“ und „Faketheologin“ (J. Meuthen) Käßmann befindet, der man unterstellt, sie unterstelle allen Biodeutschen Nähe zum weltoffenen Halunkentum, nicht glücklich darüber, daß das Kindlein ausgerechnet braun ist. Schlimm genug, wenn es grün gewesen wäre, schlimmer noch violett, aber braun!? Das spielt der Käßmann doch nur in die Hände.
Biosiegel gelten in der Verbraucherschaft als wenig vertrauenswürdig. Niemand glaubt, und das zurecht, daß Pferdelasagne aus Bodenhaltung wirklich vom freilaufenden Pferd stammt, wahrscheinlich stammt es vom zähen alten Ochsen. Soll dem Biodeutschtumssiegel „zwei deutsche Eltern, vier deutsche Großeltern“ nun das gleiche Schicksal dräuen?
Meinetwegen gern. Aber wo wir gerade von zähen alten Ochsen sprechen: Jörg Meuthen – ach egal.