10 kleine lebensbejahende Ausbreitungstypen

Typische selbstverneinende Europäische Platzhaltertype,
hier als Scherenschnitt abgebildet, um den Leser nicht
zu belästigen

Als jetzt neulich das Bild von diesem selbstverneinenden europiden Platzhaltertyp durch den Äther und die anverwandten Medien rauschte, diesem Halbsachsen und Ex-Dorfrichter, der immer so kahl und bedröppelt in die Gegend blickt, als habe die Katze in seiner Perücke gejungt, und dessen Gericht – Verzeihung: dessen Gesicht – ohne weiteres in der Lage wäre, im Alleingang mit der Mär von der Überlegenheit der weißen Rasse – Verzeihung: Rassisten – aufzuräumen, und zwar mit links, als, wie oben gesagt, dessen Bild durch die Presse mußte, und zwar wegen eines Tweets, dessen Vaterschaft er allerdings nicht anerkennt, der ihm aber wie aus dem – oben bereits mit Grausen erwähnten – Gesicht geschnitten ist, und der zweiffellos aus dessen Laufstall entkam, selbst wenn der Ministrant der Vater sein sollte – Verzeihung: der Praktikant – ich war wohl gerade etwas abgelenkt, weil mir gewisse Geschichten aus dem Dekameron einfallen. Und wenn einem gewisse Geschichten aus dem Dekameron einfallen, dann ist man ja immer etwas abgelenkt, besonders, wenn es sich um ein heimlich gelesenes Dekameron handelt, zu einer Zeit, da man selbst im Ministrantenalter war.

Hihihihihi. Selber schuld! Da hat er jetzt zum Spott auch noch das Geweih.

Aber nun zu dem, was mir einfiel, beziehungsweise was ich mich fragte, als das Bild das Web verschmuddelte: Wozu, fragte ich mich, läßt man sich dem rechten Flügel der Völkigen zurechnen, nämlich dem rechten Flügel von Björn Höckebein, dem Unglücksraben – Verzeihung: Unheilsraben -, wenn man dann zu deppert ist, sich an besagtem Raben ein Beispiel zu nehmen? Ist das die weiße Unüberlegtheit? Wie schwer muß es sein, von einem Mitmenschen, den man rassistisch beleidigen möchte, per „kleiner halblebensbejahender afrikanischer Ausbreitungstyp“ zu reden, wie Höckebein das vor- und sich damit unangreifbar gemacht hat? Und wie ich mich noch so frage und mir sage, daß das doch wirklich nicht so schwer sein kann, fällt mir meine allererste Lektüre ein, lange vor dem Dekameron, nämlich das Buch „Ri-ra-rutsch, wir fahren mit der Kutsch'“ – stark holzhaltig, noch von der Britischen Besatzungsbehörde lizensiert und mit Scherenschnittvignetten illustriert, was dafür sorgte, daß praktisch keine Weißen drin vorkamen, wovon mancher profitiert haben mag, ist doch der Scherenschnitt gewissen Quarkfiguren nicht nur moralisch, sondern auch ästhetisch überlegen -, und wer da in der Kutsch fuhr, bevor er unten durchrutschte, woraufhin dann alle futsch waren, das war denn auch der letzte von ursprünglich 10 kleinen lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstypen, und zwar in dem Zählreim „10 kleine lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstypen“. Und wie ich noch dabei bin, dieses Lied aus dem Internet zu ziehen, es im Höckebeinschen Sinn aufzubereiten und 10fach in die Welt hinauszutweeten, da denke ich mir, Moment, denke ich mir, willst Du wirklich 10 und seien es noch so kleine unschuldige afrikanische Kinder mir nichts dir nichts umkommen lassen? Hast du das als Kind nicht ausreichend getan, rauf und runter nämlich, unter Zuhilfenahme deiner damals noch recht kurzen Fingerchen und Zeh’n? Wäre es nicht vielmehr an der Zeit, sich die selbstverneinenden europiden Platzhaltertypen vorzunehmen, und wäre das nicht auch eher im Sinne jenes völkigen Selbstverneiners, dessen anderes großes Vorbild nächst Höckebein jener geisteskranke Abendlandretter von Utoya ist, der seinerzeit in weißer Überheblichkeit geglaubt hatte, im Alleingang mit den Europiden aufzuräumen das Zeug zu haben, und zwar mit rechts?

Dazu hatte er allerdings dann doch beide Hände gebraucht und war trotzdem nicht fertig geworden. Anders als mein erster Tweet, doch als der fertig war:

Zehn kleine selbstverneinende Platzhaltertypen
Die saßen einst beim Wein
Dem einen schnappt‘ die Leber ab
Da waren’s nur noch neun.
Ein klein, zwei klein, drei klein,
Vier klein, fünf klein selbstverneinende Platzhaltertypen
Sechs klein, sieb’n klein, acht klein,
Neun klein, zehn klein selbstverneinende Platzhaltertypen

paßte er nicht in das Twitterrohr; nach „Neun klei“ in der letzen Zeile war Schluß. Außerdem störte mich der doch recht holperige Rhythmus nicht weniger als der fehlende Reim. Der Inhalt geht schon in Ordnung. Es ist ja bei den politischen Parodien von Ten Little Injuns so, daß es in der ersten Strophe heißt: Der eine machte Goebbels (oder Ulbricht, die beiden tun sich da nichts) nach / Da war’n es nur noch neun. Das möchte ich gerne vermeiden. Jemanden einzulochen, weil er politisch Mächtigere verspottet, ist rationales Verhalten, auch wenn es abzulehnen ist. Die kleinen Indianer aber – die es in Deutschland nicht gab, weshalb der Deutsche sie in der Nachdichtung durch andere Ethnien ersetzte, die es zu seiner Zeit bei ihm zwar auch nicht gab, die er aber zu Zählreimzwecken brauchte, damit er sie dezimieren konnte -, wurden einfach nur so abgemurkst, ohne jeden vernünftigen Grund.

Ein Schicksal, das ich meinen europiden Platzhaltertypen auch gern angedeihen lassen würde. Nur so und ohne Grund. Und schon weiß ich mir Raths:

Neun kleine Höckebein‘
Krakeelten durch die Nacht
Vorbei kam Nachtbuslinie 3
Da waren’s nur noch acht.
Ein klein, zwei klein, drei klein,
Vier klein, fünf klein Höckebein‘,
Sechs klein, sieb’n klein, acht klein,
Neun klein, zehn klein Höckebein‘.

Acht kleine Höckebein‘
War’n stark zurückgeblieben
Das eine blieb so stark zurück –
Da waren’s nur noch sieben.
Ein klein…

Sieben kleine Höckebein‘
Probierten Cybersex
Dem einen schwand das Rückenmark
Da waren’s nur noch sechs.
Ein klein…

Sechs kleine Höckebein‘
Die litten stark an Dünnf-
iff (eins fiff gar die Seel‘ mit raus)
Da waren’s nur noch fünf.
Ein klein…

Fünf kleine Höckebein‘
Die gingen mal zum Bier
Da kam die NPD herein
Da waren’s nur noch vier.
Ein klein…

Vier kleine Höckebein’
Die spielten gerne »Rei-
se nach Jerusalem«, doch Stüh-
le hatten sie bloß drei.
Ein klein…

Drei kleine Höckebein‘
Die machten ein Geschrei
Um Eier für ein Omelett
Dabei ging eins ent-zwei.
Ein klein…

Zwei kleine Höckebein‘
Auf Pirsch aufs wilde Schwein
Gerieten in ’ne Keilerei
Da gab es nur noch ein’n.
Ein klein…

Ein kleiner Höckebein
Der twitterte ’nen Tweet
Da kam die Twitterpolizei
Und nahm den Tweeter mit.
Ein klein…

Nun ist mir doch noch ein politischer Vers dazwischengeraten, mach einer was! An Reim und Rhythmus habe ich aber nichts mehr auszusetzen.

Zehn Höckebeine allerdings, so klein sie auch sein mögen, sind nichts, was man einem eben erst von einer Magenverstimmung Genesenen zum Frühstück würde anbieten wollen, solange noch Haferschleim oder ein wenig Milchsuppe da sind. Selbst wenn es mit jedem Vers weniger werden, so sind es doch – über die Verse summiert – Stücker 55. Gut daß sie alle weg sind!

Die Welt von einzelnen Höckebeinen zu befreien ist vergleichsweise einfach, erfordert aber die Mitarbeit des Höckebeins. Es braucht dazu

  • Eine Tante
  • Likör
  • Heidelbeerkompott, Plättbrett und frisch gebügelte Wäsche (optional)
  • der Tante künstliches Gestricke
  • einen glatten Tisch
  • Geduld

Nähere Anleitung findet man ebenfalls in meiner Jugendlektüre:

Was indes der Tante künstliche Moral von der Geschicht angeht, so gibt es diese – vermittels des „Drum“ behauptete – Ursache-Wirkung-Relation hinsichtlich Bosheit und nachfolgender Gerechtigkeit in dieser Welt leider nicht. Leider!

Nein, liebe Tante, liebe Tanten (ich schließe die meinigen gleich mit ein), ihr meint es gut, aber ihr irrt: die Rechtschaffenheit, sie triumphiert nicht, die Gemeinheit, sie sitzt in Land- und Bundestagen und fährt Diäten ein. Eure Predigten sind, was sie sind: Predigten, und Predigten bedürfen der Bekräftigung durch ein nachgestelltes „So möge es sein“:

Amen.

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