Abteilung Schnaps und Coca-Cola

Die Wissenschaft hat festgestellt,

daß Hunde zwischen indogermanischen und finnugrischen Sprachen unterscheiden können.

Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, mußte die Wissenschaft – hier in Person der Eötvös Loránd Tudományegyetem (finnugrisch für das indogermanische Universitas Budapestinensis de Rolando Eötvös nominata) – sich zunächst einmal die Frage stellen, ob es denn überhaupt so sei. Nachdem das geschehen war, machte sie sich daran, ein Rudel von Versuchshunden darauf zu trainieren, im Hirnscanner regungslos liegen zu bleiben.
Ich muß sagen, ich habe die allergrößte Achtung vor der Wissenschaft. Regungslos! Ich würde das nicht hinkriegen. Ich kriege es noch nicht einmal hin, meine Hunde auch nur still sitzen zu lassen, wenn ich ihnen Futter in die Näpfe fülle. Und wenn mir dann aus dem „Kleinen Prinzen“ vorgelesen würde, würde nicht einmal ich still sitzen bleiben. Das heißt, einen Moment schon. Einen Moment würde ich versteinert dasitzen, aber dann würde ich die Beine in die Hand nehmen.

Es war nämlich die Versuchsanordnung so: den regungslos im Scanner verharrenden Hunden wurde aus dem „Kleinen Prinzen“ vorgelesen, einmal auf Spanisch, einmal auf Ungarisch, und sie sollten das Gehörte anschließend diskutieren. Nein falsch: der Scanner sollte aufpassen, was das mit den Hirnen der Tiere anstellen würde. Und das wurde anschließend von der Wissenschaft diskutiert.

So ist’s richtig.

Bei den finnugrisch sozialisierten Hunden passierte nichts, bei den spanisch sozialisierten passierte auch nichts, jedenfalls nicht, wenn sie die Geschichte in der je fremden Sprache hörten. Wenn sie aber die Version in ihrer Muttersprache hören mußten, „zeigten sich in der sekundären Hörrinde, einem Kortexareal im Temporallappen des Gehirns, unterschiedliche Aktivitätsmuster“, je nachdem welcher Hund und welche Sprache.
Daraus schloß die Wissenschaft dies und das und veröffentlichte es im zuständigen Fachjournal.
Ach ja, zuvor hatte sie zur Sicherheit den Hunden auch noch Revolution #9 von den Beatles rückwärts vorgespielt, um festzustellen, ob die Hunde die verborgene Botschaft mitkriegen, nein falsch, ob die Hunde überhaupt zwischen Sprache und allgemeinem Rumgedröhne würden unterscheiden können. Auch davon hatte sich das Kortexareal im Temporallappen nichts angenommen.

Interessant wäre es nun, herauszufinden, was genau die veränderten Aktivitätsmuster in der sekundären Hörrinde zu bedeuten haben, aber solange die Wissenschaft noch nicht in der Lage ist, einem Hund oder Menschen die PIN für die VISA-Card aus dem Hirn herauszuscannen, muß all unser Wissen wohl Stückwerk bleiben, und wir sind wie von jeher auf Spekulation zurückgeworfen.
Ich wage die These: wenn unter dem infernalischen Lärm des Hirnscanners überhaupt etwas anderes auf den Hirnlappen geschrieben werden konnte als: „Hoffentlich ist das hier bald vorbei!“, dann muß es sich um ein starkes Sentiment gehandelt haben. Ein Sentiment, das Preßlufthämmern und Dampframmen Stirn und Stinkefinger bieten kann.
Herauszufinden, welches Sentiment das sein könnte, wäre an der Wissenschaft. Dazu muß sie sich die Frage zunächst einmal stellen: welches Sentiment könnte das sein? Aber wenn das geschehen ist, dann heißt es: „Wissenschaft faß!“
Dieses veränderte Aktivitätsmuster, es scheint mir zentral. Signifikant. Verräterisch! Vielleicht läßt es sich entschlüsseln, wenn man es auf links zieht? Oder von hinten betrachtet? Auf jeden Fall: Dranbleiben!

Ich denke, daß, wenn der Nebel sich lichtet, das Muster etwas preisgeben wird. Vielleicht nichts so präzises wie eine VISA-Card PIN, aber doch ein deutliches Statement in gut verständlicher Sprache. Etwas in der Art von: „Wenn ich diesen ranzigen Satz noch ein weiteres Mal hören muß, egal in welcher Sprache, dann passiert ein Unglück!“
Und „dieser ranzige Satz“ – damit wird der Satz „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ gemeint sein, dieser stichigste aller Kalender-, Poesiealbums-, Erstkommunions- und Freundebüchersätze. Welchem ehrlichen Nachfahren von farkas, susi oder hunt (finnugrisch für das indogermanische Meister Graubein), der ohnehin schon an der Lärmemission der Versuchsanordnung laboriert, kann man mit solch einem wichtigtuerischen Edelstuß kommen? Das kann doch nur einer sagen, der keinen Schimmer davon hat, was die aus dem Augenwinkel wahrgenommene Bewegung dieses einzelnen Steppengrashalms da hinten für Aktivitätsmuster in den Occipitallappen des Jägers zaubert.
„Das Wesentliche ist dem Auge unsichtbar“? Kann sein dem Auge, aber das Auge ist bloß Durchgangsstation. In der Sehrinde spielt die Musik!

Das Herz mag das Wesentliche sehen, aber das Herz geht hungrig zu Bett.

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