Technologieoffen

Nach einem Kompromiß mit der EU-Kommission hat der Verkehrskasper Wissing die Pritsche, mit der er bislang ganz allein den Tod des Verbrennermotors aufzuhalten versucht hatte, gestrichen und zurück in den Hosensack gesteckt. Dann hat er den Fuß in die Luft gehoben, wie Automobilisten tun, wenn sie ein Huhn erlegt haben, und sich mit der „Beute“ photografieren lassen. Das da, unter seinem Fuß, ließ er verlautbaren, das sei das Krokodil, das den Verbrennermotor habe fressen wollen.

Unter seinem Fuß war, wie man sehen konnte, Luft. Ob heiße Luft, wird zur Zeit noch untersucht. Als solche hat sie große Ähnlichkeit mit dem, was Wissing bei dem Kompromiß mit der EU-Kommission derselben aus der Tasche herausverhandelt haben will. Er freilich nennt es ein Krokodil.

Soll er. Seine Aversion gegen das Krokodil ist alt- und stadtbekannt. Sie rührt daher, daß das Krokodil grün ist und eine große Klappe hat. Große Klappen sollten, glaubt Wissing, und nicht nur er, FDP-Politikern vorbehalten bleiben.

In der EU-Kommission fragt man sich derweil, mit wem oder was man es bei Volker Wissing eigentlich zu tun habe. „Für wen hält sich der Mann?“ formuliert es eine nicht genannt werden wollende Quelle, „Für ein kleines gallisches Dorf? Ist er bei Groschen?“

Nun, was heißt ‚bei Groschen‘? „Der Mann“ ist Verkehrsminister. Und wenn man die lange Reihe seiner Amtsvorgänger Revue passieren läßt, stellt man fest: der erste, an den man sich persönlich erinnert, ist Georg Leber, und man fragt sich, „Was kann bei einer Reihe, die mit Georg Leber anfängt, schon Vernünftiges herauskommen?“ Zwar gab es auch vor Leber schon einen Verkehrsminister, einen Berufsvertriebenen, der „Freie Fahrt für freie Bürger“ auch für die „Gebiete jenseits von Oder und Neisse“ forderte, und insofern kein Unwürdiger auf speziell diesem Ministersessel war, aber den kennt man nur mehr vom Hörensagen. Dann folgt ein lange Reihe von Namen, die ihrer Natur von Schall und Rauch alle Ehre machen, denn wer oder was z.B. ein Gscheidle war, hat man zurecht längst vergessen. Je weiter man sich aber der Gegenwart nähert, desto zwielichtiger wird das Gelichter (Krause!), und desto dankbarer wird man für die Gabe des Vergessens, bzw. dafür, daß man nie im Leben sich auch nur für fünf Pfennig dafür interessiert hat, daß auch ein Franz Müntefering mal Verkehrsminister gewesen ist, weil einem Verkehrsminister – so sie nicht offen korrupt und (oder oder) mit dem Klammerbeutel gepudert (Krause!) – vollkommen gleichgültig waren.

Bis man schließlich das Quartett des Grauens vor sich hat: Ramsauer, Dobrindt, Scheuer, Wissing. Seit deren Auftauchen ist das Prinzip der ‚Arschoffenheit‘ Teil der Einstellungsvoraussetzung für das Amt des Bundesverkehrsministers. Für andere Ministerien muß man gerade mal 18 sein und ein paar Wählbarkeitsvoraussetzungen mitbringen; Alphabetismus, kleines Einmaleins o. dgl.wird nicht gefordert. Für das Verkehrsministerium auch nicht; aber um die besondere Bedeutung dieses Ministeriums herauszustreichen, wird auf das Beigroschensein ausdrücklich verzichtet.

Diese Voraussetzung erfüllt Wissing in besonderem Maße. Er will, daß auch nach dem Jahr 2035, dem Jahr, in dem nach dem Willen der EU-Kommission die Welt untergehen soll, auch weiterhin Kraftwagen mit Zerknalltreiblingen zugelassen werden dürfen, sofern dieselben ausschließlich sog. E-Fuels zerknallen. E-Fuels gelten als teure, aber klimaneutrale Kraftstoffe, bei deren Herstellung viel Energie verbraucht, bei deren Verbrennung aber kein CO2 freigesetzt wird. Ursprünglich enthielten E-Fuels geringe Mengen an Steinöl, in jüngster Zeit aber ist es gelungen, das Steinöl durch Roterübensaft zu ersetzen. Seitdem sind E-Fuels zu 100% biologisch abbaubar.

Ihre Herstellung allerdings ist extrem teuer. Sie werden in Handarbeit in Kupferkesseln angerührt, ihre Produktion muß durch jeweils einen Druiden überwacht werden, und es werden frische Zutaten gebraucht, die z.T. (Misteln) mit goldenen Sicheln geschnitten werden müssen. Die Kapazität der Raffinerien ist begrenzt durch die Zahl der zur Vefügung stehenden Kessel und dito Druiden, da die Rezeptur immer nur mündlich von einem Druiden an den anderen weitergegeben werden kann. Die Kosten für einen Kupferkessel voller E-Fuel (ca. 159 l) werden auf ca. 1 Zwiebelsuppentopf voller Sesterze geschätzt. Das macht sie nur begrenzt konkurrenzfähig.

Kein Wunder daher, daß man Wissing in Brüssel für ein bißchen plemplem hält. Oder für nicht bei Groschen, oder mit dem Klammerbeutel gepudert. Was immer man bevorzugt. Er selbst bevorzugt den Ausdruck „technologieoffen“, aber damit ist dasselbe gemeint. Kein Wunder auf der anderen Seite aber auch, daß man sich in Brüssel dafür entschieden hat, ihn nicht unnötigerweise mit Widerspruch zu reizen, sondern ihm gut zuzureden und ihm alles zu versprechen, was er haben will, vorausgesetzt es kostet nichts, tut keinen Schaden, und sowieso sind es noch zwölf Jahre bis hin, was da nicht alles passieren kann!

Der Kompromiß beinhaltet daher nunmehr auch, daß nach 2035 folgende CO2-neutralen Fahrzeuge in der EU neu zugelassen werden können: E-Fuel-Gedöns, von Einhörnern gezogene rosa Kutschen, verpichte Unterwasserlokomotiven mit vorgespannten Seepferdchen, sowie Häwelmannbetten.

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