Nostalgie

Und kann das Fernseh heute bitte, in Erinnerung an bessere Zeiten, statt Merkels noch einmal die Silvesterpredigt von Kohl vom 31.12.1985 senden? Bittebitte! – Nur dies eine Mal!

Einmal genügt. Ich guck auch nicht hin.

Grim Reaper

Paradies

Nun ist sie also im Himmel. Man sieht es auf dem Bilde hier.

Was man auf dem Bilde außerdem sieht, ist, daß man auf dem Bilde überhaupt keinen Himmel sieht, nicht ein Fitzelchen. Es ist alles Garten-Eden-mäßig grün. Das liegt daran, daß der wahre Himmel auf der Erde liegt. Irgendwo mag es noch andere Himmel geben, denn irgendwoher muß ja das Licht kommen. Aber deswegen muß ich nicht gleich metaphysisch werden.

Von irgendwoher kommt es ja auch, das Licht: morgens kommt es von Osten, mittags von Süden, und wenn es von Westen kommt, kann man sehen, daß der Weg nur scheinbar ins Dunkel führt; denn dann ist es dort licht, und man sieht, daß zwischen den Fahrspuren im Gras Pfifferlinge wachsen. Deren keinen gäbe ich für für einen Himmel, der weniger grüngolden wäre als dieser hier. Ein himmelblauer Himmel kann mir gestohlen bleiben. Wenn er womöglich noch voller Geigen hängt, und Laienorchester auf Wattewolken arme Seelen mit Harfen plagen, dann will ich ihn nicht geschenkt.

Nur wenn das Licht von Norden kommt, wird es finster. Aber nicht deswegen schaut sie so unverwandt dorthin. Das unverwandte Schauen hat mit dem Sinn des Lebens zu tun. Mitten im Paradies steht ein Baum, der kleine, harte Wildkirschen trägt. Die meisten fallen herab. Wenn niemand da ist, die restlichen zu pflücken, fallen auch die. Man sieht ihn auf dem Bilde nicht, aber er ist da. Der Hund kann ihn sehen, und er sieht auch den Sinn des Lebens.

Der sitzt auf einem Ast und hat Knopfaugen. Er liegt mehr, als daß er sitzt, und bewegt sich nicht. Was er denkt und fühlt, könnt‘ ich nicht sagen, außer vielleicht, daß das seine Kirschen sind. Und daß er, solange der Köter da unten hockt, oben auf dem Baum besser dran ist als unten im Gras. Mich in Knopfauge hineinzufühlen, überfordert meine Spiegelneuronen. Vielleicht geht es ihm wie unsereinem, vielleicht hat er Zahnschmerzen, einen Floh, Liebeskummer? Und jetzt auch noch den Hund!

Was mag der Sinn des Lebens für einen Marder sein? – Keine Ahnung.

Der Sinn des Lebens für den Hund hingegen –

Das Putzige: der Marder brauchte gar nicht da zu sein. Es hatte genügt, daß er einmal dort oben gesessen hatte. Ab da war der Baum verzaubert und die Tage verwunschen und das Dasein hatte seinen Zweck weg. Nichts lockte sie mehr. Ich wollte schwimmen gehen, aber sie wollte nicht schwimmen gehen. Ich wollte wandern, aber sie wollte nicht wandern, sie wollte den Baum hüten. Er hätte ja wiederkommen können. Des Morgens erster Gang war der zum Baum, mußte sie nachts raus, konnte es passieren, daß sie nicht wiederkam, dann saß sie im Mondenschimmer, und ich mußte mich verdammt zusammenreißen, sentimentaler Kerl, um mich nicht daneben zu hocken. Im Jahr darauf ging es aus dem Auto nur kurz zum Saufen zur Regentonne, dann zum Baum; und später, als wir sie schon aus dem Auto heben mußten, war es nicht anders; und als ihre Augen so trübe wurden, daß man’s mit bloßem Auge gewahr wurde, daß kein Marderabbild es mehr auf die Netzhaut schaffen würde, da fand sie den Baum noch ohne Mühe.

Tja, und nun? Was soll das geben, wenn alle Widersprüche aufgehoben sind, wenn Wolf und Lamm zusammen weiden und der Löwe Stroh frißt? Sollen dann etwa auch Hund und Marder in Frieden zusammen unter dem Kirschbaum hocken? Wäre das nicht kontraproduktiv? Was macht sie denn noch ticken, wenn die Hoffnung auf das Große Dermaleinst aus allen Zellen sickert?

Da wünsche ich ihr doch lieber eine Ewigkeit unter dem Baum, gute Augen, keine Zahnschmerzen, wenig Arthrose, mondschimmernde Nächte, und hin und wieder einen Floh. Nur so, zur Abwechslung. (Den Liebeskummer nehme ich. Ich hab ihn ja eh schon.)

Und du, Knopfauge, sei wachsam.

Neues von unter der Sonne aus dem Laufstall

Die CDU

Die CDU hat abermals gefordert, beim Kampf gegen die Geißel des dritten Jahrtausends, die Burka, endlich auch die Bundeswehr, wozu haben wir sie, zum Einsatz zu bringen, und zwar im Innern.

Nicht im Innern der Burka, aber im Innern des Grundgesetzes. Nein, auch falsch: im Inneren der Bundesrepublik. Und da das verboten wäre, müßte zuvor die Verfassung geändert, sprich: ausgehöhlt und entdärmt werden. Wozu man bekanntlich die Verfassung ein Stück aufschlitzt, ein Endchen Darm herausholt, es an einen Baum stiftet, und anschließend die Verfassung unter Pegidageheul mit Dreschflegeln im Kreis um den Baum herumtreibt, bis ihr die Puste ausgeht.

Das will die CDU nun in Angriff nehmen, damit es die AfD nicht tut. „Es wird immer gesagt,“ sagt der für’s Gedärm zuständige Obmann der CDU, Szjwach-Kopff, „daß die Bundeswehr für den Einsatz im Innern nicht tauge, daß das Polizeiarbeit sei, und daß Polizeiarbeit gefälligst von der Polizei gemacht werden solle, und die Bundeswehr sich auf die Landesverteidigung konzentrieren solle, wenn’s beliebt. Szjwachsinn! Ich höre immer nur ’solle‘! Sollen!! Soll, soll, soll!!! Und was ist mit ‚dürfen‘? Was ist mit ‚darf‘? Wann darf die Bundeswehr mal was? Zum Beispiel im Innern eingesetzt werden?“

„Die Bundeswehr könnte doch gut den Deutschen Wald entlauben, nachdem sich heutzutage die Terroristen darin verstecken. – ? – Wohl verstecken die sich darin! Früher die Räuber, heute die Terroristen. Daß Sie persönlich noch nie einen Terroristen im Wald gesehen haben, hat nichts zu besagen. Das hängt damit zusammen, daß der Wald noch nicht entlaubt ist. Wenn der Wald erst einmal entlaubt sein wird, wird sich das ändern. Dann werden Sie dort auch Terroristen sehen, beziehungsweise würden sie sehen, wenn die so blöd wären, sich dann immer noch im Wald zu verstecken. Und Sie hin und wieder mal in den Wald gingen. Terroristen muß man nämlich auch sehen wollen, wenn man sie sehen will. Sonst sieht man sie nicht.“

„Aber ist das denn wohl etwa Polizeiarbeit, den Deutschen Wald zu entlauben? Das ist doch keine Polizeiarbeit! Wer hat denn damals den vietnamesischen Dschungel entlaubt, seinerzeit? Das war doch nicht das New York Police Department! Das war doch die Armee! Und komme mir keiner damit, daß das schließlich kein Einsatz im Innern gewesen sei! Das war ein Einsatz im Innern. Was denn sonst? Sehr viel tiefer im Innern als mitten im Dschungel kann man ja wohl nicht im Einsatz sein.“

„Landesverteidigung war das jedenfalls nicht.“

„Und wenn die Bunzwehr den Deutschen Wald entleibt – nicht entleibt, entlaubt -, dann kann sie die Deutsche Frau gleich mitentlauben. Nicht die Deutsche Frau, die Deutsche Burkaträgerin. Und die Deutsche Burkiniträgerin. Nicht nur die Deutsche Burkiniträgerin, sondern alle Burkiniträgerinnen. Auch die Undeutschen. Die besonders. Ich höre sie schon wieder klugscheißen, die Klugscheißeer, die Deutschen Klugscheißer, eingetragenes Warenzeichen! Burka sei nicht gleich Burkinismus. Die Burka verhalte sich zum Burkinismus wie die Bowle zum Bolschewismus, wie das Auto zum Autismus, der Sprit zum Spiritismus und der Teer zum Terrorismus. Ich aber sage Euch: Humbug! Die Burka ist kein unschuldiges Stück Stoff, wie immer gesagt wird. Die Burka ist sehr viel mehr als bloß ein Stück Stoff. Beziehungsweise, die Burka ist nichts weiter als ein Stück Stoff, aber dieses Stück Stoff ist vom Zwiegehörnten! Was soll es denn bedecken, das Stück Stoff, wenn nicht Schwanz und Huf? Das ist es, was es tut. Wer nichts zu verbergen hat, der kann auch seinen Schwanz zeigen. In Deutschland gehört es zur Kultur, den Schwanz zu zeigen. Beziehungsweise zu zeigen, daß man keinen hat. Darum trägt der Deutsche Mann und zeigt sein Maurerdekolleté, damit die Welt sehe, daß dort nichts wächst, was dorthin nicht gehört. Darum hat die CDU mich und schiebt mich nach vorn: um zu zeigen, daß an der Stelle des Organs, daß man braucht, wenn man hinterhältig sein will, bei ihr ein großer Korb mit leergedroschenem Stroh wächst. Ein Korb mit Löchern. Ein Korb mit abgerissenem Henkel.“

Apropos Henkel

Apropos Henkel. Der verlangt mittlerweile, die Bundeswehr auch gegen die doppelte Staatsbürgerschaft einzusetzen. Wenn Staaten, in denen das bekloppte ius soli angewandt wird, anstelle des einzig richtigen und gottgewollten ius sanguinis, nach welchem die Staatbürgerschaft des Staatsbürgers abgeleitet wird von der Staatsangehörigkeit des Samens, dem er entstammt, der Staatsbürger, sich Henkels Wünschen nicht aufgeschlossen zeigten, dann müsse man den Ländern eben den Krieg erklären. Spätestens nachdem man diese Staaten dem Erdboden gleichgemacht haben werde, werde sich das Problem der doppelten Staatsbürgerschaft erledigt haben. Zwar gelte, sagte Henkel, das Deutsche Staatsbürgerschaftsrecht streng genommen nicht nur für das Deutsche Sperma, sondern auch für die Deutsche Eizelle, jedenfalls in Deutschland und jedenfalls dann, wenn man sich gegen mittelalterliche Gesellschaftsformen abzugrenzen für opportun halte, Gesellschaften, in denen die Eizelle keinerlei Rechte genießen und für Keimzellen zweiter Klasse gelten – von solchen Gesellschaften wolle jedenfalls er, Henkel, sich abgrenzen, weil er sich davon Wiederwahl erhoffe, aber von der Wiederwahl mal abgesehen und ganz unter uns Pastorentöchtern: Man müsse einer Eizelle zugute halten, daß sie nunmal bloß Eizelle und kein Spermium sei. Da sei ein biologischer Unterschied, den man nicht ungestraft leugne. Sicher sei sie deutsch, die Zelle, und als solche besser als andere Eizellen, aber – man stehe als Mann, als Deutscher Mann, als Deutscher Spermaproduzent, doch bisweilen vor Staunen starr vor der Weisheit etwa der saudischen Kollegen, die ihren Eizellen das Autofahren verböten.

Und das sind bloß Saudis

Und das seien bloß Saudis.

Muslime

Also Moslems.

Muslime!

Oder Muslime, von mir aus.

Aber das nur nebenbei

Das nur nebenbei.

Soviel aus der ‚Eichhörnchen‘-Gruppe

Soviel aus der Eichhörnchengruppe. Mittlerweile nebenan, bei den Mistkäfern …

Nun mal langsam! – Erst die Überschrift: Mittlerweile nebenan, bei den ‚Mistkäfern‘ …

Mittlerweile nebenan, bei den ‚Mistkäfern‘ …

… soviel Zeit muß sein

… nebenan, bei der AfD, fordert man, die Strafmündigkeit Strafunmündiger herabzusetzen auf 12 Jahre. Begründung: wenn bei der AfD geistig 12jährige politische Verantwortung übernehmen täten …

Moment, Moment – das können sie ja so nicht gesagt haben: „politische Verantwortung“

Haben sie aber.

Politische Verantwortung ???

Gesagt. Gesagt haben sie das.

Die AfD weiß doch gar nicht, was politische Verantwortung ist

Kein 12jähriger weiß, was politische Verantwortung ist.

Was immer sie über politische Verantwortung zu sagen hätten, wäre es nicht Humbug?

Unfug.

Oder Unfug?

Grober Unfug.

Ebeneben – das spricht allerdings dafür, daß sie es doch gesagt haben

Ebeneben.

Alsdann – man fahre fort

Nebenan bei den Mistkäfern fordert man, inskünftig auch 12jährige schon zu knasten. Begründung: wer politische Verantwortung übernehmen könne, der sei auch reif für den Knast. Wen 12jährige Vernachlässigung durch Elternhaus, Schule, Kirche und Turnverein nicht zum marktkonformündigen Bürger habe heranreifen lassen, der zwischen Mein und Dein, Gut und Böse, Richtig und Falsch, Drinnen und Draußen, Kännchen und Tasse, Deutschland und Welt, Himmel und Hölle, Heiliger und Hure, CDU und AfD unterscheiden kann, bei dem müsse es halt ein Intensivkurs bei den Profipädagogen richten, in der Hälfte der Zeit.

Da ist was dran. Hätte man etwa den Volksgermanen Teutobod schon mit 12 Jahren ins Gefängnis gesteckt, wäre bei solch gründlicher Ausbildung aus ihm vielleicht noch ein ehrlicher Krimineller geworden. So hat es bloß zum Maulhelden gelangt, zum Raufbold, Berufsarier und Laufstallhäuptling, sowie gefühltem Obermotz des Volksganzen. Eine selbstverliebte Type, die mit häßlichen Selfies das Andenken des Führers zu beschädigen beliebt.

Moment, Moment – Andenken des Führers? Ohne Gänsefüßchen? – Das geht jetzt aber zu weit! Man denke an die Jenninger-Rede

Papperlapapp. Man muß den Führer aus seiner Zeit heraus deuten, und zu Führers Zeiten hieß der Führer eben Führer. Quod erat demonstandum.

Wer sagt das?

Niemand bestimmtes. Das ist so eine Redensart. Das sagt man so daher, wenn man …

Nicht das. Das andere. Das mit dem … Führer.

Das sagt Ernst Nolte.

Ist der nicht tot?

Doch. Aber man gerade so eben erst. Der kann schon noch reden.

Woran starb er?

Mit Nolte zu reden, ist sein Tod nicht aus sich selbst heraus zu verstehen. Noltes Tod ist in Bezug zu setzen, und nur zu erklären als eine Reaktion auf den Tod Stalins im Jahr 1953. Die Bolschewiken haben nämlich angefangen. Ohne einen Stalin würde es einen Ernst Nolte nicht gegeben haben, und ohne Ernst Nolte würde Ernst Nolte nicht gestorben sein.

Quod erat demonstrandum

Muß auch mal sein:

Zwischendurch mal was Organisatorisches

Ich möchte, daß die Kästchen auf den von mir besuchten Webseiten, also die Kästchen, die mit dem sonstigen Inhalt der Seite überhaupt nichts zu tun haben – wie etwa dieses hier, oder wie der Download von McAfee-Kram beim Update des Flash-Plugins, welches Allah verderben möge, sofern das noch nötig sein sollte – daß diese Kästchen immer schon gleich angehakt sind, wenn ich rein komme, das möchte ich. Daß ich nicht erst groß rumklicken muß.
Das ist gewißlich wahr, ist das.

Ja. – Und sonst?

Ca. 70% des Brägens des Bundesinnenmaizières sind permanent krankgeschrieben. Das ist zwar keine offizielle Statistik und ich sollte die Zahl von 70% wahrscheinlich besser erst einmal factchecken, bevor ich sie hier breittrample, oder besser noch: sie gar nicht erst benutzen, aber es ist eine Tatsache, daß es Probleme im Hirn des Ministers gibt, die man durch Leugnen, Kleinreden und Wegschmeicheln nicht löst.

„Es kann nicht sein,“ rief Maizière in den Bundestag hinein, „daß 70 Prozent meiner grauen Zellen für krank und nicht transportfähig erklärt werden und morgens einfach liegen bleiben, während ich zur Arbeit muß.“

Und wenn de Maizière sagt: „Es kann nicht sein,“ dann meint er „Es soll nicht sein“, denn wenn es nicht sein könnte, dann wäre es ja nicht so, wie es aber doch ist. Wenn es nicht sein könnte, dann könnte es ja nur anders sein, wenn es nicht so wäre. Und das kann ja nicht sein. Deswegen: es kann doch nicht sein, daß einer immer dann, wenn er „Es darf nicht sein“ meint, „es kann nicht sein“ sagt.

Und doch …

Denn wenn man sich ansieht, was Maizière sonst noch alles so sagt, wenn er zum Beispiel sagt:

„Es kann nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt werden.“

Das kann in der Tat nicht sein, daß 30% der jungen, arbeitsfähigen, gesunden Männer sich widerstandslos abschieben zu lassen bereit sind. Die müssen krank sein. Aber das läßt Maizière nicht gelten:

Das erste, was ich als einer, der sich mit Ach und Krach in Sicherheit oder sagen wir – da wir hier in Deutschland sind – vermeintliche Sicherheit gebracht hat, das erste, was ich als ein solch einer tue, das ist doch: mich aus freien Stücken abschieben lassen. Das erwarte ich doch geradezu von meinem Gastland. Dazu bin ich schließlich hergekommen. Wozu sonst habe ich Risiken und wochenlange Strapazen auf mich genommen, wenn nicht dafür, einzusehen, daß ich hier nichts verloren habe. Das kann doch nicht sein, daß ich – jung, gesund, abschiebungsfähig –

Usw., ist nicht so wichtig. – Aber da war es wieder, das „Es kann nicht sein.“ Meinen tut er: „Ich will das nicht, daß es so ist.“

Denn wenn es anders wäre, wenn er etwa selber glauben würde, was er sagt, dann müßte man sich fragen, ob man mit dem 70%igen Brägenausfall hinkommt. Ob 70% überhaupt ausreichen. Denn ihnen liegt, wie schon gesagt, keine Statistik zugrunde, es handelt sich bei ihnen vielmehr um „spotlightartig“ in die Debatte eingeführtes Expertengerede. Warum also soll die tatsächliche Zahl – da wir es mit Experten zu tun haben – nicht sehr viel höher liegen? Mit Leugnen, Kleinreden und Wegschmeicheln ist doch niemandem geholfen.

Denn es kann doch nicht sein, daß 30% junger, gesunder und einsatzfähiger grauer Zellen – also jedenfalls 30% grauer Zellen – jeden Morgen freiwillig zur Maloche jachtern, und noch dazu in Maizière seinem Koppe, wenn ihnen die große Mehrheit der Kollegen zeigt, wie man es richtig macht.

Sachsen: Giftspinne krabbelt im Supermarkt aus Bananenkiste

Ok, kann ich verstehen, daß die Spinne nicht ewig in dem Kasten bleiben will. Würde ich auch nicht wollen.

Was ich nicht verstehe, ist: Was wollte Frauke Petry in dem Bananenkarton?

Eilmeldung

Türkisches Parlament erlaubt das Schreddern oppositioneller Abgeordneter

In Kürze mehr auf Tropfen am Eimer.

Immerhin!

Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1871, Nr. 24, S. 147

Der Präsident der Republik ErdoÄŸan, Recep Tayyip ErdoÄŸan, hat sich ein wenig besänftigt gezeigt – obschon immer noch ungehalten -, als ihm zugetragen wurde, daß die Regierung der Demokratischen Volksrepublik Merkel erwägt und eventuell vorhat, den Einsatz der bewaffneten Streitkräfte im Innern Merkels künftig zu erleichtern. Zwar leuchtet ihm, wie aus seiner Umgebung berichtet wird, nicht ein, wieso man bloß „erwägt“ und „eventuell“ „vorhat“ was man stattdessen auch einfach machen könnte, seine Entourage hat denn auch alle Hände voll zu tun, ihm zu erläutern, daß in Volksrepubliken der Gottkönig nicht einfach so tun kann, was er will, sondern zuvor immer das Einverständnis des Volkes einholen muß. Beziehungsweise im Bedarfsfall auch ohne das Einverständnis des Volkes handeln muß – was soll er schließlich machen, sich zum Affen? -, aber zuvor halt die Meinung des Volkes eingeholt habend. Und das Volk gegebenenfalls bescheidend, daß es alternativlos sei.

Beziehungsweise er. Oder sie. Auch Merkel müsse das. Man müsse daher ein wenig Geduld aufbringen, ehe Merkel die bewaffneten Streitkräfte gegen das ZDF und den unverschämten Mann Böhmermann einsetzen könne.

Beim Wort „Geduld“ soll Präsident ErdoÄŸan laut geknurrt haben, weshalb die Entourage sich beeilte, mehrfach laut und durcheinander immer wieder „Immerhin!“, „Immerhin!“ zu sagen, und zu versuchen, sich des Knotenstocks zu bemächtigen, mit dem ErdoÄŸan die Entourage durchzuhauen pflegt, wenn er meint, daß es sein müsse, oder wenn ihm besonders staatsmännisch ist. Das Wort „Geduld“ gibt es im ErdoÄŸanschen nicht mehr, seit ErdoÄŸan es verboten hat, ebensowenig das Wort „Verfassung“, und alle Versuche, dem Präsidenten nahezubringen, daß es in der Demokratischen Republik Merkel ein Grundgesetz gebe, dem nicht nur die Untertanen, sondern sogar Merkel zu opfern hätten, alle diese Versuche endeten bislang im Knotenstock. Das sei doch nichts anderes als eine Verfassung, hatte ErdoÄŸan dann getobt, den Knotenstock genommen, „Verfassung!“ gebrüllt, „Verfassung!“, „Verfassung!“, „Verfassung!“ (ErdoÄŸan selbst darf „Verfassung“ sagen, brüllt es aber meist), mehrere Untertanenrückgrate ihrer Bestimmung zugeführt, dieselben mit Fußtritten aus dem Palais ErdoÄŸan gejagt, ihnen „Ich geb Euch Verfassung!“ hinterhergebrüllt und ihnen die Reste des Knotenstocks nachgeworfen.

Die schlechte Laune, die das Wort „Verfassung“ bei Präsident ErdoÄŸan auslöst, kommt nicht von ungefähr, sondern von der Bedeutung des Wortes „Verfassung“: Das Wort legt nahe, daß es sich bei der dadurch bezeichneten Sache um eine Verfassung handelt, also die Begrenzung der Macht des Gottkönigs über seine Untertanen und den Schutz derselben vor diesem. Wer aber kümmert sich um den Schutz des Gottkönigs vor vorlauten Untertanen? – Eben, eben!

Das ist das eine, das andere, nicht mindere, ist der Anschluß der Juncker-Union unter ihrem Gottkommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker an die Republik ErdoÄŸan: die Union verlang allen Ernstes, daß die 28 Unionsmitglieder die sog. Kopenhagener oder Wienerbröd-Kriterien erfüllen, bevor sie sich als Beitrittskandidaten aufführen dürfen. 28 Verfassungen, die von 28 unverschämten Untertanereien mißbraucht werden, um ihre rechtmäßigen Herrscher mit ihrer Schutzbedürftigkeit zu terrorisieren, das sind noch mindestens 28 zerschlagene Knotenstöcke. Natürlich ist es möglich, die Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz zu gewährleisten, indem man die unabhängigen Verfassungsgerichte davor bewahrt, Dummheiten zu begehen, die, einmal begangen, auf lange Sicht die Unabhängigkeit der Verfassungsgerichte nur gefährden können. ErdoÄŸan hat es ja vorgemacht, daß es geht. Er hat den Verfassungsrichtern die Instrumente zeigen lassen, hat leichtsinnige Polizisten durch grünberockte Kasperlepuppen ersetzt und unverschämte Staatsanwälte nach England verkauft. Es geht also, aber es dauert natürlich, bei 28 „Verfassungen!“, und „Geduld!“ hat ErdoÄŸan nicht. Vielleicht geht es schneller, wenn es nur noch 27 Unionisten sind, weil das Vereinigte Königreich Cameron die Brocken hinschmeißt und geht. Ist auch besser, wenn es geht, denn es hat nun die Staatsanwälte an der Backe, die nicht einsehen wollen, daß die Würde eines Herrschers unantastbar sein muß, daß sie zu achten und zu schützen Verpflichtung aller staatlichen Gewalt sein muß, daß der Herrscher das schutzbedürftigste Wesen von allen ist. Darum heißt der Sonnenkönig Sonnenkönig, weil er der Verletzlichste unter der Sonne ist.

Schön. Über kurz oder lang wird es also den Einsatz von Truppen im Innern nicht mehr nur in der Republik ErdoÄŸan sondern auch bei uns geben, „Immerhin!“ Immerhin, ja. Man wird Hochverrath und Landesverrath wieder mit th begehen können und im Gegenzug in Festungshaft genommen werden. Jedenfalls Herrschaften. Elemente kommen ins Zuchthaus. Es wird wieder Kaiserwetter geben. Nur Geduld.

„Geduld!!“

Weed

Offener Brief

an die Gentechniker
bei Monsanto, BASF, Syngenta, Bayer, Dow, DuPont-Pioneer, etc., etc., im folgenden kurz Monsanto

Liebe Gentechniker,

was dagegen, wenn ich Gents sage? Ist weniger technisch und geht leichter von der Zunge – ja, wenn nicht, kann ich auch Gentlemen sagen. Aber die Damen sind natürlich mitgemeint:

Gentlemen!

Könnten Sie sich vorstellen, sich – statt immer nur öden Genmais zu homunceln – mal einer neuen Herausforderung zu stellen? Auch wenn Ihnen Monsanto nicht wird erlauben wollen, etwas für die Menschheit zu tun, solange es noch etwas gibt, was Sie für Monsantos Börsennotierung noch nicht getan haben – Sie sind doch Wissenschaftler? Ich meine, Sie sind doch Wissenschaftler! Sie müßten doch die entsprechenden Ethosse haben. Oder Ethea, Sie sind ja schließlich Wissenschaftler. Von mir aus auch nur mal so zwischendurch und der Abwechslung halber. – Na? – Wie wär’s?

Ich denke da an Gengiersch, und ich komme drauf, weil ich vorgestern den Komposthaufen umgesetzt habe. Und da mußte ich erleben, wie sich der linke Haufen – der mit der fertigen Erde – dem Giersch als feile Dirne an den Hals geworfen hatte – na, nicht an den Hals. Was sind das für bleiche Dinger, die der Giersch da untenrum mit sich führt? Das kann man schon gar nicht mehr dezent beschreiben, was der Giersch mit dem Kompost beziehungsweise der Kompost mit dem Giersch oder beide miteinander – oder vielleicht waren es auch mehrere Giersche. Neulich mußte ich im Fernsehen mitanhören – weil Schönchen auf dem Sofa lag und einem Herrn Pflaume lauschen wollte, weswegen ich den Fernseher auch nicht ausmachen durfte, obwohl sie schlief und gar nichts mitkriegte, denn als ich mich beim Frühstück mit ihr über den neun Quadratkilometer großen Hallimasch austauschen wollte, da wußte sie von keinem neun Quadratkilometer großen Hallimasch – im Fernsehen nämlich hatten sie behauptet, daß es in Oregon einen Hallimasch gebe, der sich über neun Quadratkilometer ausgedehnt hat. Zwar hat mein Komposthaufen keine neun Quadratkilometer, und mein Garten hat auch keine neun Quadratkilometer, und mein Garten und Quastels Garten zusammen haben auch keine neun Quadratkilometer – obwohl mir das eigentlich ganz recht wäre. Dann hätte jeder von uns einen zwei mal zwei Kilometer großen Garten, und Quastels Giersch hätte einen entsprechend weiten Weg zu meinem Komposthaufen.

Oder ich.

Naja, ich will ja nur sagen, daß ich keine Ahnung habe, wie groß so ein Giersch ist, und wo er aufhört und der nächste Giersch anfängt. Ich will es auch gar nicht wissen. Ob das nun ein Giersch war oder viele Giersche, denen mein Kompost sich da hingegeben hat, ist mir egal. Ich bin nicht prüde, ich bin nicht neidisch, ich will auch niemanden für seine Vorlieben tadeln, ich will aber auch niemanden eigenfingrig aus meinem eigenen Kompost herauspfriemeln müssen. Das ist ja wohl nicht zuviel verlangt!

Oder ist das zuviel verlangt? Würden Sie das eventuell hinkriegen? – Ich denke an einen Giersch voller Ennui und Unlust und Weltekel, einen Giersch, der so gar keinen Geschmack an Geilheit mehr findet, keinen Fortpflanzungsfuror kennt und dem Hedonismus abholdest ist. Einen vergeistigten Giersch. Einen Giersch, den es verlangt, Gott zu schauen. Einen mönchischen, eremitischen, asketischen Giersch. Einen Berg-Athos-Giersch. Einen Giersch-Einsiedel. Verlaust und ungepflegt, wenn es sein muß, aber bitte keinen Rasputin! Ich führe ein anständiges Haus, habe einen gesitteten Garten und einen bis neulich noch keuschen Komposthaufen.

Alternativ käme auch ein Giersch infrage, dem man ein paar Mauerblümchen-Sequenzen eingeklempnert hat, also ein Giersch, der sich zurückzieht, wenn man ihn nicht freundlich genug ankuckt. Und wenn man ihn freundlich ankuckt, dann erst recht. Und wenn das alles zu kompliziert ist, wäre mir auch mit einem Giersch geholfen, dessen Blüten und blütennahen Blätter man getrocknet in der Pfeife rauchen kann.

Was Sie mir aber bitte nicht schicken wollen, sind Prospekte für Glyphosat. Glyphosat, pht! – Des hohnlacht der Giersch.

Und nun, Gentlemen, frisch ans Werk!

Germanistenfuzzi

Life without parole

The first thing I remembered knowing
Was a lonesome whistle blowing
Merle Haggard

Irgendein Uni-Fest an irgendeiner Uni zu irgendeiner völlig zurecht vergangenen Zeit:

An irgendeinem Stand haben irgendwelche „Linken“ – also irgendwelche Studenten (heute wären es „Studierende“, aber dafür wären sie auch nicht mehr „links“) – in parodistischer Absicht einen in jener zurecht vergangenen Zeit recht verbreiteten Kirmeskappes – ein „Liebesbarometer“ – aufgestellt, und so umfunktioniert, daß man mit seiner Hilfe sein korrektes – also revolutionäres – Bewußtsein messen lassen kann. Noch gab es keine Algorithmen, die dergleichen aus irgendwelchen biometrischen oder sonstigen Daten herbeirechneten; der Anspruch dieser Automaten war bescheiden: man mußte seine Patschhändchen aufs Blech legen und irgendwelche Münzen einwerfen, und dann log der Apparat frisch drauflos. Auch jenes Bewußtseinsbarometer log; das heißt: lügen tat nur die Anzeigesäule, die willkürlich bis irgendwohin oder irgendwo anders hin kletterte und dann stehen blieb. Die Skala selbst, die auf das Konto der Studenten ging, sprach die lautere Wahrheit, jedenfalls über das, was in deren Rumsmurmeln so alles drüber und drunter ging. Denn wo beim Liebesbarometer der Skaleneintrag „Mamas Liebling“ lautete, da stand beim „linken“ Bewußtseinsbarometer „Country-Fan“.

Wahrhaftig: „Country-Fan“. Ich glaube, drüber – oder drunter – ging nur noch „Faschist“. Wahrlich: ganz, ganz oben auf der Skala meines persönlichen Zornbarometers steht: „Was ich den 68ern, welche Verdienste sie auch immer für sich reklamieren mögen oder dürfen, und welche ihnen andererseits um die Ohren gehauen gehören – was ich ihnen wirklich, wirklich übelnehme, das ist die Verachtung Johnny Cashs.“

Zugegeben: 44 Jahre später ist das nicht mehr so. Die 68er, sie sind geläutert. Johnny Cash ist lang schon rehabilitiert. Man kann die Vorliebe für Country und die für Kommunismus miteinander kombinieren (Harry Rowohlt sei – nicht nur dafür – Dank). Und warum wohl auch nicht? Leute – und es sind dies nicht die schlechtesten – sind geboren worden in einem Jahr, in dem nicht nur Hank Williams und Joseph Stalin starben, sondern alle beide. Sowas prägt. Wenn das nicht prägt, was soll dann prägen? – Aber: hat man dafür 48 Jahre älter werden müssen!? Und was für Jahre!

Und dann, kaum ist es so weit, und man darf endlich, stirbt einem Merle Haggard.

Aber bevor ich sentimental werde, und wo ich mich gerade so schön aufgeregt habe: die geläuterten 68er – geh’n Sie mir weg mit den geläuterten 68ern! Die sind ja noch viel schlimmer! Wahrhaftig, ich könnte Namen nennen! Ich werde auch Namen nennen, zumindest behalte ich es mir vor, Namen zu nennen; allerdings nicht in diesem Nachruf. Das wäre pietätlos. Dies ist ein Nachruf. Zwar werde ich auch in diesem Nachruf Namen nennen, außer den schon genannten, aber das werden Namen sein wie: George Martin, Naná Vasconcelos, Keith Emerson, Boulez, Harnoncourt, Hein Kröher, Paul Bley, Paul Kantner und der Dings, der Bowie. Was eint diese? Es ist die Ernte des Schnitters. Die reiche Ernte eines noch jungen Jahres. Und das sind noch gar nicht mal alle, das sind nur die, die mir vom Plattenteller weggestorben sind, da sind die, die mir nie auf den Plattenteller gekommen sind – und auch nicht kämen: ein Herr Delpech, ein Herr Frey und ein Herr Dings, na, Bowie -, noch gar nicht dabei. Da sind die nicht dabei, die mir aus dem Bücherregal starben, die Eco und Lee und Gustafsson und Kertész, und die, die aus dem Fernseher geholt wurden, sind auch nicht dabei. Zu schweigen von den namenlosen Seniorenheimern, die sich der Gevatter hier wöchentlich holen, beziehungsweise bringen läßt: denen singt niemand nach. Niemand steht am Gitter. Gibt auch keine Gitter. Steht aber auch niemand in der Tür. Gibt aber Türen. Man schweigt den Tod aus dem Haus. – Das Pietätvollste ist noch die Limousine auf dem Wendehammer, die wird wenigstens regelmäßig gewaschen. Drinnen dagegen – na gut, gewaschen werden die Toten auch. Dann kommt Pietät Grimrieper und nimmt sie mit.

Dann wird als erstes das Namensschild von der Zimmertür entfernt. Sie nehmen es dort mit der Namenlosigkeit sehr genau. Der – gleichfalls – namenlose Todeskandidat, den Merle Haggard durch den Todestrakt führen läßt, seinem Schicksal entgegen, der lebt – welch paradoxe Folge der Todesstrafe! – sozusagen heute noch.

Wir anderen haben bloß lebenslänglich.

Und was die Frage angeht: „Soll das jetzt eigentlich in diesem Tempo weitergehen?“ – die ist wohl mit „Das wird es wohl noch eine Weile tun“ zu beantworten. Das heißt: Das Tempo ist eigentlich immer dasselbe. Es sind die Namen – bei Namen von Weggefährten und Zeitgenossen nimmt man die Einschläge nur schärfer wahr. Es sind das ja keine glatten Durchschüsse. Ein Geschoß, in das der Name eines Freundes graviert ist, reißt einem ein viel größeres Loch in den Pelz. Noch leben so viele, daß die Frequenz durchaus noch zunehmen kann. Manchmal wundere ich mich, wie viele es noch sind, und denke: „O je, die werden alle vor dir sterben, wenn du Pech hast.“ Dann wieder wundere ich mich, wer schon alles gestorben ist, ohne daß ich es mitgekriegt hätte, weil ich mal wieder nicht aufgepaßt habe. Dann ärgere mich, weil ich mal wieder nicht aufgepaßt habe. Irgendwann wird meine Aufmerksamkeit schließlich ganz von selbst abnehmen, wenn Grimrieper sie erst alle mitgenommen haben wird, und ich von den Nachrückern keinen mehr kenne und mich auch für deren keinen interessiere, weil ich mich ohnehin für nichts mehr interessiere. Dann wird es immer noch früh genug sein für Unaufmerksamkeit.

Aber vielleicht hat man ja auch Glück und wird vorzeitig entlassen, wie so viele unserer Seniorenheimer. Zurück in eine Welt, in der man noch mit 21 volljährig wird. In der die Zechenbahnen noch Gleisbetten haben und nicht zu Fahrradwegen verkommen sind, in der sich echter Ruß auf gelbe Knorpelkirschen legt, und empörte Lokomotiven Kaulquappen fischende Kinder mit Pfiffen aus den Wassergräben zu jagen suchen. – Dort kann man Nachmittage verbringen, Mut proben, Schienen horchen, Schotter greifen, Böschungsbrand schnuppern, Brückengeländer schmecken. Und Ängste tauschen: Was das denn sei, der Tod? Und wie Sterben geht?

Nun bin ich doch wieder sentimental geworden. – Also schnell nochmal zurück zu den falschen 68ern, daß einem wieder anders wird. Wie Oscar Wilde gesagt haben würde: „Es gibt nur eins auf der Welt, das schlimmer ist, als ein 68er zu sein, und das ist, kein 68er zu sein.“ – Nicht schlecht gebrüllt, Oscar, aber falsch: es gibt noch etwas, daß schlimmer ist, und etwas, das noch schlimmer ist. Sagen wir doch so: Es gibt etwas, das schlimmer ist, als ein Falscher Fuffziger zu sein.

Belassen wir es dabei. – Auf meinem inneren Bewußtseinsbarometer jedenfalls stehen die falschen 68er ganz unten. Oder ganz oben – ich hab vergessen, welches das gute Ende ist. Ich habe auch vergessen, was beim Liebesbarometer oben und was unten war. Irgendwo stand „Schwerenöter“. Ist das gut? Ist das schlecht? Hab ich das nicht vollkommen zurecht vergessen? Ist es nicht früh genug, mich daran zu erinnern, wenn ich dement sein werde? Wie so viele unserer Seniorenheimer?

Gleichviel: am anderen Ende meines Barometers, am guten Ende, steht der geläuterte „Okie from Muskogee“, der wahre 68er, der erfolgreich mitgeholfen hat, dafür zu sorgen, daß jenes Jahr kein ganz und gar verlorenes wurde.

Offener Brief

an die Gesundheitsredaktion des Focus
irgendwo tief verankert

Betrifft: Ihr komischer Artikel da

Sehr geehrter Herr Focus,

wenn ich Atheist wäre, würde dieser mein Brief an Sie etwa wie folgt aussehen:

an die Gesundheitsredaktion des Focus
irgendwo tief verankert

Betreff: Ihr komischer Artikel über die tief im Hirn verankerten Gemeinsamkeiten von Atheisten und Psychopathen

Sehr geehrter Herr Focus,

Sie haben nicht ordentlich recherchiert. Wir haben nichts mit Ihnen gemeinsam.

Darum lesen wir auch Ihre Zeitung nicht.

Mit freundlichem Gruß
Quastel

Aber leider: ich bin kein Atheist. Ich habe lediglich eine leichte Hirnstammaffektion. Für’s Lesen Ihrer Zeitung reicht das nicht.

Sonst alles gesund?
Quastel

P.S. Empfehlen Sie mich der Frau Gemahlin Ihrer Auflage. Sagen Sie ihr, die Körbchengröße Höhe sei oft überbewertet. Gott achte mit gleichem Interesse auf Festigkeit und Wohlgestalt.